Voraussetzung für ein Verwerfungsurteil ist zunächst, dass der Angeklagte ordnungsgemäß in der durch die §§ 216, 323 Abs. 1 S. 1 StPO vorgeschriebenen Form geladen worden ist (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 2024, § 329 Rn 9 m.w.N.; OLG Köln, Beschl. v. 20.7.1999 – Ss 283/99 – 151, NStZ-RR 1999, 334). Die Ladung muss insb. den Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens enthalten (vgl. dazu § 323 Abs. 1 S. 2 StPO; u.a. OLG Hamburg, Beschl. v. 6.5.2020 – 2 Rev 20/20, StV 2021, 162 [Ls.]; OLG Hamm, Beschl. v. 18.4.2023 – 3 RVs 14/23 [neuer Termin nach Aussetzung]; OLG Nürnberg, Beschl. v. 30.4.2018 – 2 OLG 2 Ss 240/17, StRR 8/2018, 3 [Ls.; Fortsetzungstermin]; OLG Hamburg, Beschl. v. 25.7.2017 – 1 Rev 37/17, StV 2018, 151 [Fortsetzungstermin]; OLG Oldenburg, Beschl. v. 14.1.2009 – Ss 485/08, StraFo 2009, 114), und zwar auch im Fall der Terminsverlegung (zu allem Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 323 StPO Rn 3 m.w.N.). Ob das auch für einen Fortsetzungstermin gilt, ist offen (bejahend OLG Oldenburg, a.a.O.; offen gelassen OLG Nürnberg, a.a.O.). Das gilt auch für die Ladung zu einer neuen Berufungshauptverhandlung, nachdem ein die Berufung des Angeklagten wegen Nichterscheinens verwerfendes Urteil durch das Revisionsgericht aufgehoben und die Sache zurückverwiesen worden ist (OLG Oldenburg, Beschl. v. 16.6.2009 – 1 Ss 101/09, StraFo 2009, 336; OLG Nürnberg, a.a.O.). Soll ggf. später die Berufung nach § 329 Abs. 4 StPO wegen Nichterscheinens des Angeklagten trotz Anwesenheit seines Verteidigers verworfen werden, darf das nur erfolgen, wenn der Angeklagte in seiner Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass seine Anwesenheit vom Gericht für erforderlich gehalten wird (BayObLG, Beschl. v. 29.3.2022 – 207 StRR 83/22; KG, Beschl. v. 12.12.2018 – (6) 161 Ss 161/18, StV 2020, 157; OLG Brandenburg, Beschl. v. 4.4.2019 – (1) 53 Ss 14/19 (17/19), StV 2020, 158; OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.7.2019 – (1) 53 Ss 83/19 (50/19), StraFo 2020, 28).
Der Angeklagte kann auch durch öffentliche Zustellung (§ 40 Abs. 3 StPO) geladen werden. Ist der Angeklagte durch öffentliche Zustellung geladen worden, aber nicht erschienen, ist die Ladung unwirksam, wenn noch vor Beginn der Hauptverhandlung eine ladungsfähige Anschrift des Angeklagten bekannt wird und unter der Adresse die Ladung ordnungsgemäß zugestellt werden kann (OLG Hamburg, Beschl. v. 28.8.2019 – 5 Ws 26–27/19, StV 2019, 826 [Ls.]; OLG Hamm, Urt. v. 3.11.2004 – 4 Ss 359/04, NStZ-RR 2005, 114; OLG Oldenburg, Beschl. v. 14.5.2004 – Ss 87/04 (I 58), StraFo 2004, 274). Auch muss nach der letzten (un)wirksamen Zustellung zunächst ein weiterer Zustellungsversuch seitens des Gerichts erfolgt sein (OLG Hamm, Beschl. v. 26.1.2006 – 2 Ws 27/06, 2 Ss 31/06, StraFo 2006, 280; zur Nachforschungspflicht des Gerichts KG, Beschl. v. 30.12.2005 – 1 AR 1496/05, 5 Ws 612/05, 5 Ws 612/05, 1 AR 1496/05, StraFo 2006, 105 [für Widerrufsverfahren]). Auch darf die Ladung des Angeklagten im Weg der öffentlichen Zustellung nicht verfrüht von der Gerichtstafel entfernt werden (OLG Bremen, Beschl. v. 28.3.2014 – 2 Ss 10/14, StV 2018, 77). Die fehlende Belehrung nach § 35a S. 1 StPO berührt die Wirksamkeit der öffentlichen Zustellung nicht, wird jedoch i.d.R. zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 44, 45 StPO) führen (OLG Hamm, Beschl. v. 17.12.2013 – 3 RVs 91/13, NStZ 2014, 421 m. Anm. Kotz, StV 2014, 227; s. auch OLG Hamburg, Beschl. v. 8.3.2023 – 1 Rev 31/22, StV 2023, 445 [Ls.] und im Übrigen Burhoff, HV, Rn 854).
Ist die Ladungsfrist nicht eingehalten, hindert das die Verwerfung der Berufung nicht (BGH, Beschl. v. 18.5.1971 – 3 StR 10/71, BGHSt 24, 143, 154; OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.2.2009 – 3 Ss 69/09, NStZ-RR 2009, 318). Allerdings trifft den Angeklagten i.d.R. kein Verschulden, wenn die Nichteinhaltung der Ladungsfrist ursächlich für die Versäumung der Hauptverhandlung gewesen ist (OLG Brandenburg, a.a.O.). Um einen Ladungsmangel handelt es sich z.B., wenn die Terminsladung eine widersprüchliche Zeitangabe enthält (OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.12.1995 – 3 Ws 781/95, NStZ-RR 1996, 75) oder die Sache, die verhandelt werden soll, nicht angegeben ist (OLG Hamburg, Beschl. v. 30.1.1998 – I – 2/98, NStZ-RR 1998, 183 [für Bußgeldverfahren]). Die Wirksamkeit der Ladung wird von Amts wegen geprüft und ist positiv nachzuweisen; dabei kommt der Postzustellungsurkunde (nur) ein Indizwert zu (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.11.1996 – 1 Ws 291/95, NJW 1997, 3183). Die Zustellung der Ladung an den Verteidiger ist nicht wirksam, wenn er nicht ausdrücklich zur Empfangnahme von Ladungen ermächtigt ist (OLG Dresden, Beschl. v. 21.7.2005 – 2 Ss 362/05, StV 2006, 8). Das gilt auch für den Pflichtverteidiger (OLG Köln, Beschl. v. 15.9.1994 – Ss 309/94, StV 1996, 13; Burhoff, HV, Rn 3557 ff.).
Zum Teil wird in der neueren Rspr. davon ausgegangen, dass Ladungen eines ausländischen Angeklagten, denen eine Übersetzung nicht beigefügt ist, unwirksam sind (s. OLG Bremen, Beschl. v. 28.4.2005 – Ws 15/05 (BL 3/05), NStZ 2005...