Die Bundesregierung hat Ende September den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz beschlossen. Der vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegte Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, den Wirtschaftsverkehr sowie Arbeitnehmer "von Rechtsunsicherheiten zu entlasten", die von der derzeitigen Praxis des Insolvenzanfechtungsrechts ausgehen. Die Regierung argumentiert, dass Gläubiger häufig nicht wüssten, ob sie Zahlungen von ihren Schuldnern dauerhaft behalten können oder ob sie die Zahlungen später – unter Umständen erst nach Jahren – wieder an den Insolvenzverwalter herauszugeben haben. Sie plant deshalb, die Anfechtungsmöglichkeiten einzuschränken und auch zeitlich zu begrenzen. Im Einzelnen sieht der Entwurf vor:
Für die Vorsatzanfechtung von Deckungshandlungen soll ein deutlich verkürzter Anfechtungszeitraum von vier Jahren (anstatt bislang zehn) gelten. Die Vorsatzanfechtung soll noch weiter eingeschränkt werden, wenn die gewährte Deckung kongruent ist, d.h., dass der Gläubiger die Bestellung der Sicherheit oder die Erfüllung der Forderung zu der Zeit und in der Art zu beanspruchen hatte. Anders als bislang, sollen diese Deckungen grundsätzlich erst dann anfechtbar sein, wenn der Gläubiger erkannt hat, dass der Schuldner bereits zahlungsunfähig war. Die Kenntnis der bloß drohenden Zahlungsunfähigkeit soll nicht mehr genügen.
Darüber hinaus werden Gläubiger, die ihren Schuldnern Zahlungserleichterungen zur Überwindung vorübergehender Liquiditätsschwierigkeiten gewähren, Gewissheit haben, dass dies für sich genommen eine Vorsatzanfechtung nicht begründen kann. Zugunsten jener Gläubiger wird gesetzlich vermutet, dass sie bei später erhaltenen Zahlungen die Zahlungsunfähigkeit ihres Schuldners nicht kannten. Um einen Anfechtungsanspruch zu begründen, muss der Insolvenzverwalter das Gegenteil beweisen.
Die genannten Einschränkungen der Anfechtbarkeit sollen allerdings nicht für unredliche Vermögensverschiebungen und Bankrotthandlungen gelten. Hier verbleibt es insoweit beim bisherigen Recht, insbesondere bei dem zehnjährigen Anfechtungszeitraum.
- Konkretisierung des Bargeschäftsprivilegs (§ 142 InsO)
Um die Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, die in Bezug auf die Anfechtbarkeit von Lohnzahlungen bestehen, soll darüber hinaus gesetzlich klargestellt werden, dass ein Bargeschäft gegeben ist, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Lohnzahlung drei Monate nicht übersteigt. Das ist der Zeitraum, den bisher schon das Bundesarbeitsgericht seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt hat.
- Einschränkung der Inkongruenzanfechtung (§ 131 InsO)
Die Änderung bezweckt, solche Gläubiger vor Anfechtungen zu schützen, die lediglich von gesetzlich zulässigen Zwangsmitteln Gebrauch machen und dabei nicht wissen, dass der Schuldner schon zahlungsunfähig ist. Ziel ist es, insbesondere Kleingläubiger besser davor zu schützen, dass sie einen errungenen Vollstreckungserfolg wieder herausgeben müssen. Deckungen, die in den letzten drei Monaten vor Insolvenzantragstellung durch Zwangsvollstreckung erwirkt oder zu deren Abwendung bewirkt worden sind, sollen künftig grundsätzlich nur unter den erschwerten Anforderungen des § 130 InsO (d.h. bei Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners) anfechtbar sein.
Anfechtungsansprüche sollen künftig nur noch nach Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln oder ab Klageerhebung verzinst werden. Dadurch sollen bestehende Fehlanreize zu einer schleppenden Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen beseitigt werden.
- Stärkung des Gläubigerantragsrechts (§ 14 InsO)
Mit der Änderung soll es leichter werden, die Fortsetzung der wirtschaftlichen Aktivitäten insolvenzreifer Unternehmen rechtzeitig zu unterbinden. Dies soll den Geschäftsverkehr besser vor einer mit Anfechtungsrisiken behafteten Fortsetzung der Geschäftsbeziehung zu insolvenzreifen Schuldnern schützen.
[Quelle: Bundesregierung]