Die Bundesrechtsanwaltskammer hat kürzlich eine von der Satzungsversammlung angeregte und vom Institut für Freie Berufe erstellte Studie zu den Fachanwaltschaften veröffentlicht. Die Untersuchung wurde bereits 2013 durchgeführt und gibt Aufschluss über die gegenwärtige Situation und die Entwicklung der Fachanwaltschaften. Außerdem konnten die mehr als 1.700 befragten Kolleginnen und Kollegen Stellung zu einem etwaigen Reformbedarf nehmen.
Dem Ergebnis der Studie zufolge sind die Fachanwaltschaften insgesamt breit etabliert: Nur gut ein Viertel aller befragten Rechtsanwälte hat keine Fachanwälte an seinem (Kanzlei-)Standort und rund 44 % führen selbst bereits eine oder mehrere Fachanwaltsbezeichnungen. Am weitesten verbreitet sind hierunter Fachanwälte des Familien- sowie des Arbeitsrechts (je rund 26 %), gefolgt von Fachanwälten für Steuerrecht (10,1 %), Verkehrsrecht (8,5 %) und Miet- und Wohnungseigentumsrecht (7,8 %). Mit je unter einem Prozentpunkt stehen am unteren Ende der Verteilung die noch relativ jungen Fachanwaltschaften Urheber- und Medienrecht, Agrarrecht sowie Transport- und Speditionsrecht.
Deutlich wurde auch, dass sich die erworbenen Fachanwaltsqualifikationen unter dem Gesichtspunkt der Altersklassen signifikant unterschiedlich verteilen: So haben die unter 40jährigen Anwälte sowie die Generation "60 plus" seltener Fachanwaltstitel als ihre Kollegen aus mittleren Alterskohorten. Zudem sind unter Rechtsanwälten, die in Einzelkanzleien bzw. in kleinen Orten mit 5.000 oder weniger Einwohnern tätig sind, Fachanwälte seltener vorzufinden.
Was die Trends für die weitere Entwicklung angeht, gaben gut 16 % aller Befragten an, derzeit bereits zielgerichtet am Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen zu arbeiten. Besonders oft liegen deren Ambitionen im Arbeitsrecht (21,7 %), Erbrecht (11,8 %), Miet- und Wohnungseigentumsrecht (8,7 %) sowie Straf- bzw. Verkehrsrecht (je 8,5 %), während – annähernd analog zur Kammerstatistik der letzten drei Jahre – Fachanwaltstitel im Urheber- und Medienrecht (1,6 %), IT-Recht (1,5 %), Agrarrecht (0,5 %) und Transport- und Speditionsrecht nur in Ausnahmefällen bzw. gar nicht angestrebt werden.
Als Gründe gegen einen Erwerb des Fachanwaltstitels nannten diejenigen Anwälte, die selbst keinen Titelerwerb beabsichtigen, zunächst eine allgemein fehlende Nutzenerwartung (40,3 %). Daneben treten sonstige individuelle Gründe (34,8 %), unter denen vornehmlich alters- und arbeitgeberbedingte Gründe (Syndici bzw. nichtanwaltliche Arbeitgeber) sowie das Fehlen eines Fachanwaltstitels für die eigene Spezialisierung angegeben wurden. Gut jeder Fünfte erachtet den Zeitaufwand der Lehrgänge neben dem "Tagesgeschäft" als zu hoch (22,4 %), gut jeder Zehnte beanstandet die dabei anfallenden Kosten (11,7 %). Die Befürchtung, für den Titelerwerb erforderliche Leistungskontrollen nicht bestehen zu können, spielt hingegen für die allerwenigsten Befragten (1,1 %) eine Rolle.
Was einen möglichen Reformbedarf angeht, wurde von den Befragten oft die Ausweitung der Möglichkeiten gewünscht, fehlende Fälle durch Fachgespräche oder Praxislehrgänge zu kompensieren: Jeweils annähernd die Hälfte (49,8 % bzw. 52,5 %) sieht großen Bedarf, zur Kompensation fehlender Fälle das Fachgespräch aufzuwerten bzw. Praxislehrgänge verstärkt zuzulassen.
Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Frage, inwiefern die FAO hinsichtlich einer Verlängerung des Zeitraums zum Sammeln der Praxisfälle anpassungsbedürftig erscheint. Knapp 75 % der Befragten erachten hier eine zumindest teilweise Überarbeitung für sinnvoll, wobei mehr als die Hälfte (51,5 %) von großem Handlungsbedarf ausgeht. Der Reformvorschlag wird besonders oft von den jüngsten sowie denjenigen Anwälten, die noch keinen Fachanwaltstitel führen bzw. den Erwerb eines solchen Titels beabsichtigen, unterstützt.
[Quelle: BRAK]