Als Reaktion auf den anhaltend hohen Flüchtlingsstrom hat die Bundesregierung ein umfangreiches Paket mit Gesetzesänderungen im Asylrecht auf den Weg gebracht. Ziel ist es, die Asylverfahren zu beschleunigen, die Länder bei der Einrichtung neuer Flüchtlingsunterkünfte zu unterstützen und abgelehnte Antragsteller schneller in ihre Heimat abzuschieben. Sie setzt damit die Beschlüsse eines Bund-Länder-Treffens zur Asyl- und Flüchtlingspolitik um, das am 24. September stattgefunden und auf dem die Bundeskanzlerin sich mit den Ministerpräsidenten der Länder auf folgende Maßnahmen geeinigt hat:
- Finanzielle Unterstützung der Länder
Der Bund entlastet die Länder erheblich und übernimmt die Kosten für die Asylbewerber in Höhe einer Pauschale von 670 EUR pro Monat. Diese Kostenübernahme beginnt mit dem Tag der Erstregistrierung und endet bei Abschluss des Verfahrens. Die durchschnittliche Verfahrensdauer liegt zurzeit bei rund fünf Monaten. Angestrebt wird die Beschleunigung der Verfahren.
- Abschaffung von Fehlanreizen
Bei Bewerbern ohne Bleibeperspektive sollen "Fehlanreize" künftig vermieden werden. Bei ihnen soll der persönliche Bedarf, der bislang mit dem sog. Taschengeld abgedeckt wurde, künftig möglichst in Sachleistungen gewährt werden. Dies gilt für den gesamten Zeitraum, den die Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen verbringen. Geldleistungen werden höchstens einen Monat im Voraus gezahlt.
- Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten
Zu sicheren Herkunftsstaaten sollen künftig auch Albanien, Kosovo und Montenegro erklärt werden, um die Asylverfahren der Staatsangehörigen dieser Länder weiter zu beschleunigen. Für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, die seit dem 1. September einen Asylantrag gestellt haben, wird ein Beschäftigungsverbot eingeführt.
- Integrationskurse und Beschäftigung
Wer eine gute Bleibeperspektive hat, soll frühzeitig in den Arbeitsmarkt integriert werden. Dazu müssen u.a. gute Deutschkenntnisse vorhanden sein. Deshalb öffnet der Bund für Asylbewerber und Geduldete mit guter Bleibeperspektive die Integrationskurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und stellt dafür mehr Mittel bereit. Außerdem sollen die Integrationskurse besser mit den berufsbezogenen Sprachkursen der Bundesagentur für Arbeit vernetzt werden.
Das Gesetzgebungsverfahren zu dem Maßnahmenpaket soll noch im Oktober abgeschlossen werden. In Kraft treten sollen die Änderungen bereits zum 1. November.
Auf EU-Ebene hatte zuvor am 23. September ein Sondergipfel stattgefunden, auf dem ebenfalls Maßnahmen zur aktuellen Flüchtlingsproblematik beschlossen worden waren. Die Staats- und Regierungschefs einigten sich darauf, 120.000 Asylsuchende, die sich bereits in dem Gebiet der EU aufhalten, nach festen Quoten umzusiedeln. Deutschland soll danach 31.000 Flüchtlinge aufnehmen. Darüber hinaus wurde beschlossen, Organisationen wie das UN-Welternährungsprogramm finanziell zu unterstützen, um eine bessere Versorgung von Flüchtlingen in den jeweiligen Ursprungsgebieten zu gewährleisten. Ferner sollen mit Finanzhilfen und Aufstockungen von Treuhandfonds in den Herkunftsländern die Ursachen der Flüchtlingswellen bekämpft werden. Auch konnte man sich darauf einigen, gemeinsam die EU-Außengrenzen verschärft zu kontrollieren sowie bis November Registrierungszentren, sog. Hotspots, in Italien und Griechenland einzurichten.
Der Deutsche Anwaltverein hat sich ebenfalls mit dem Flüchtlingsthema befasst und hierzu am 23. September einen Expertenworkshop abgehalten, auf dem Fachleute Vorschläge zu den rechtlichen Herausforderungen durch die steigenden Flüchtlingszahlen erarbeitet haben. Die Ergebnisse des Workshops zeigen Handlungsbedarf in vielen Rechtsgebieten auf, u.a. im Ausländer- und Asylrecht, im Sozialrecht sowie im Vergaberecht und im Verwaltungsrecht. Die Experten erheben daher konkrete Forderungen etwa zum Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber, zu Änderungen im Unfall- und im Rentenrecht sowie im Baurecht. So fordern sie z.B. die Zulassung schneller Nutzungsänderungen im Außenbereich zugunsten von Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften. Tatsächlich, so der DAV, würden bereits jetzt Flüchtlingsunterkünfte ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet. Das sei rechtswidrig, aber nachvollziehbar, zumal die Erarbeitung von Bebauungsplänen mindestens ein Jahr dauere.
[Quellen: Bundesregierung/DAV]