1. Allgemein
Wesentliche Bestandteile einer Sache können nach § 93 BGB nicht Gegenstand besonderer Rechte sein. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 S. 2 BGB). Vom Grundsatz her wird deshalb der Grundstückseigentümer auch Eigentümer der im Garten wachsenden Pflanzen unabhängig davon, wer sie ausgesät oder eingepflanzt hat.
Hiervon macht aber § 95 S. 1 BGB für sog. Scheinbestandteile eine Ausnahme: Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Werden Anpflanzungen von einem Mieter oder Pächter auf dem von ihm genutzten Grundstück eingebracht und mit diesem fest verbunden, so spricht eine Vermutung dafür, dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Nutzungsverhältnisses und damit nur zu einem vorübergehenden Zweck geschehen sollte (BGH MDR 2013, 452, NZM 2013, 315). Für die Verneinung eines Scheinbestandteils ist es erforderlich, dass der Mieter bei der Einbringung den Willen hat, die Sache bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in das Eigentum des Grundstückseigentümers fallen zu lassen (BGH NJW 1984, 2878, MDR 1984, 1019). In der Regel sind also vom Mieter eingebrachte Sachen Scheinbestandteile (Bieber GE 2014, 1230). Andere Fallkonstellationen sind jedoch möglich.
Hinweis:
Die Beweislast für das Vorliegen eines Scheinbestandteils trägt derjenige, der sich darauf beruft.
2. Besonderheiten bei Pflanzen
a) Problemstellung
Bei Pflanzen müssen jedoch weitergehende Überlegungen angestellt werden (vgl. LG Detmold GE 2014, 1275). Das liegt in der Besonderheit der Pflanzen gegenüber leblosen Stoffen begründet. Sie haben zum einen nur eine natürlich begrenzte Lebensdauer, die die in Aussicht genommene Mietzeit bei Weitem nicht erreicht, z.B. einjährige Pflanzen, zum anderen gibt es auch Pflanzen, von denen bereits beim Einpflanzen zu erwarten ist, dass sie nicht nur die Mietzeit überdauern, sondern bei Ende des Mietverhältnisses eine Größe und Verwurzelung erreicht haben, die eine sinnvolle Entfernung nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Kosten zulassen, z.B. Bäume.
b) Mieterabsicht
Maßgebend ist für die Annahme einer Verbindung zu einem vorübergehenden Zweck, ob die Sache nach dem inneren Willen des Verbindenden bei einem normalen Lauf der Dinge nicht wieder abgetrennt werden soll (BGH NJW 2012, 778, MDR 2012, 273). Dieser Wille muss aber mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt vereinbar sein (Ellenberger in: Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 95 Rn. 3). Maßgeblicher Zeitpunkt ist derjenige des Anpflanzens oder Aussäens (LG Detmold GE 2014, 1275).
Hinweis:
Sowohl der innere Wille als auch die damit vereinbarten oder nicht vereinbarten Umstände müssen im Prozess vorgetragen und gegebenenfalls unter Beweis gestellt werden.
Das bereitet bei Vorgängen, die Jahre zurückliegen meist Schwierigkeiten. Die Absicht des Mieters kann theoretisch durch dessen Einvernahme als Zeuge, Parteivernehmung oder Anhörung als Partei geklärt werden. Abgesehen von Problemen der Glaubwürdigkeit stellt sich dabei jedoch die Frage nach dem Erinnerungsvermögen und vor allem danach, ob sich der Mieter vor einer juristischen Beratung überhaupt einen "inneren Willen" gebildet hat. Letztlich wird es also stark auf äußere Umstände ankommen, die einen Schluss auf den inneren Willen zulassen.
c) Einzelfragen
Bei einjährigen Pflanzen wird i.d.R. nicht davon auszugehen sein, dass sie der Mieter vor ihrem natürlichen Ende wieder ausgraben will, wenn keine Umstände vorliegen, die auf ein baldiges Mietende hindeuten. Der Aufwand wäre hier größer als der Nutzen. Das Gegenteil ist allerdings bei Nutzpflanzen der Fall, die zum alsbaldigen Verzehr bestimmt sind.
Bei Bäumen, Sträuchern und Hecken wird überwiegend eine Einfügung zu einem nur vorübergehenden Zweck verneint (OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 160; LG Detmold GE 2014, 1275 m. abl. Anm. Bieber GE 2014, 1230; Ellenberger in: Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 95 Rn. 3). Dem ist für den Regelfall zuzustimmen. Da § 95 BGB eine Ausnahme zu §§ 93, 94 BGB darstellt, muss die Absicht der Einfügung zu einem vorübergehenden Zweck feststehen (BGH NJW 2012, 778, MDR 2012, 273). Wer Bäume und Sträucher pflanzt, hat i.d.R. nicht die Absicht, bald wieder auszuziehen und seine Pflanzen mitzunehmen. Dass auf Grund irgendwelcher Umstände eine schnelle Beendigung des Mietverhältnisses eintreten kann, ist unerheblich, wenn der Mieter nicht damit rechnet (a.A. Bieber GE 2014, 1230).
Hinweis:
Ein Indiz für einen vorübergehenden oder dauerhaften Zweck kann es sein, wenn Vereinbarungen zwischen den Mietparteien bestehen, dass die Pflanzen bei Mietende entweder entfernt oder belassen werden müssen.