Grenzen setzen der Ermessensausübung insbesondere das aus dem verfassungsmäßig verbürgten Anspruch auf ein faires Verfahren und aus § 137 Abs. 1 StPO, Art. 6 Abs. 3c MRK folgende Recht des Angeklagten, sich in jeder Phase des Verfahrens des Beistands eines Verteidigers seiner Wahl und seines Vertrauens zu bedienen sowie die Fürsorgepflicht des Gerichts.
Das Recht der freien Verteidigerwahl ist nicht auf die Fälle notwendiger Verteidigung i.S.d. § 140 StPO beschränkt, auch nicht im Bußgeldverfahren (OLG Braunschweig StV 2004, 366; OLG Hamm zfs 2009, 470). Stellt eine den Verlegungsantrag ablehnende Entscheidung maßgeblich oder gar ausschließlich darauf ab, dass kein Fall notwendiger Verteidigung vorliege, liegt ein Ermessensfehler vor. Eine Einschränkung erfolgt lediglich insoweit, als der Angeklagte keinen unbedingten Anspruch auf die Bestellung des von ihm gewünschten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger hat; ansonsten bleibt sein Anspruch auf Verteidigung durch einen Verteidiger seines Vertrauens unberührt (BGH NJW 1992, 849). In diesem Recht wird der Angeklagte verletzt, wenn sich das Gericht im Falle der Verhinderung des Pflichtverteidigers, der das Vertrauen des Angeklagten genießt, nicht ernsthaft um eine Verlegung des Hauptverhandlungstermins bemüht (OLG Köln StraFo 1998, 267; vgl. auch BGH NJW 1992, 849).
Hinweis:
Die Verhinderung des gewählten Verteidigers darf grundsätzlich auch nicht zum Anlass genommen werden, einen weiteren Rechtsanwalt zum Pflichtverteidiger zu bestellen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, § 141 Rn. 1a; BGH NJW StV 1992, 53; OLG Köln StraFo 1998, 267; OLG Düsseldorf StraFo 1999, 414), schon gar nicht ohne Anhörung des Angeklagten und des gewählten Verteidigers (OLG Dresden StV 2010, 476). Dies gilt ebenso in Fällen notwendiger Verteidigung, auch dort darf im Falle einer Verhinderung kein weiterer Pflichtverteidiger bestellt werden (OLG Celle StV 1988, 100).
Die freie Verteidigerwahl ist eines der elementarsten Beschuldigten- bzw. Angeklagtenrechte im rechtsstaatlichen Strafverfahren, das nicht nur bei der Terminsbestimmung, sondern auch bei Entscheidungen über Verlegungsanträge zu beachten ist (OLG Hamm zfs 2009, 470). Die Entscheidung über den Antrag muss deshalb erkennen lassen, dass sich das Gericht dieses Rechts des Angeklagten bewusst war. Lässt sich dies der Entscheidungsbegründung nicht entnehmen, ist eine Ablehnung des Antrags rechtsfehlerhaft (vgl. LG Stuttgart DAR 2012, 38).
Hinweis:
Es ist ausschließlich Sache des Angeklagten, vom wem er sich in der Hauptverhandlung verteidigen lässt. Dies ist an sich selbstverständlich; dennoch wird dieses Recht in der Praxis immer wieder missachtet, insbesondere wenn der Verteidiger einer größeren Sozietät angehört. Verlegungsanträge werden dann mit der lapidaren Bemerkung abgelehnt, man möge ein anderes Mitglied der Sozietät entsenden. Eine solche Vorgehensweise ist jedoch nicht nur rechtswidrig, sondern setzt das Gericht auch dem Vorwurf der Willkür aus (OLG Koblenz StV 2010, 477). Wie viele Rechtsanwälte in derselben Kanzlei tätig sind wie der Verteidiger ist nämlich völlig unerheblich (so zu Recht OLG Koblenz a.a.O.).