1. Kein Anspruch auf Verlegung
Die Terminierung ist Sache des Vorsitzenden, § 213 StPO. Der Angeklagte hat ebenso wie der Verteidiger grundsätzlich keinen Anspruch auf die Verlegung eines Termins (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, § 213 Rn. 7; BGH NStZ 1992, 247; OLG München NStZ-RR 2006, 20), und der Angeklagte hat gem. § 228 Abs. 2 StPO im Falle der Verhinderung seines Verteidigers auch kein Recht, die Aussetzung der Hauptverhandlung zu verlangen (bei notwendiger Verteidigung gilt § 145 StPO, s. Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 6. Aufl. 2013, Rn. 2796). Auch beinhaltet Art. 103 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf den Beistand durch einen bestimmten Verteidiger (OLG Hamm zfs 2010, 649).
Es ist deshalb in der Rechtsprechung anerkannt, dass nicht jede Verhinderung des gewählten Verteidigers zur Folge hat, dass eine Hauptverhandlung gegen den Angeklagten nicht durchgeführt werden kann (BGH NStZ 1999, 527; BGH NStZ-RR 2006, 272). So ist es beispielweise nicht zu beanstanden, wenn im Falle einer bei Terminverlegung drohenden Verfahrensverzögerung um mehrere Monate dem Beschleunigungsgebot gegenüber dem Interesse des Verteidigers, an einer Fortbildungsveranstaltung teilzunehmen, der Vorrang eingeräumt wird (BGH NStZ-RR 2007, 81). Weitestgehend anerkannt ist dagegen, dass eine Urlaubsabwesenheit des Verteidigers grundsätzlich zur Terminverlegung führen muss (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, § 213 Rn. 7; LG Oldenburg StraFo 2008, 471; OLG Dresden NJW 2004, 3196).
Hinweis:
I.d.R. wird aber zu verlangen sein, dass der Urlaub bereits gebucht wurde, und zwar vor der Anberaumung des Hauptverhandlungstermins (OLG Hamm NStZ 2010, 231). Ist dies nicht der Fall, so ist es dem Verteidiger zumutbar, seine Urlaubsplanung an seine beruflichen Verpflichtungen anzupassen, soweit ihm dies möglich ist. Unterliegt er hierbei Zwängen, ist dies bei der Entscheidung über Terminverlegungsanträge zu berücksichtigen, insbesondere wenn das Gericht den Hauptverhandlungstermin ohne vorherige Absprache in die Haupturlaubszeit legt.
2. Pflichtgemäßes Ermessen
a) Abwägung aller relevanten Umstände
Aus dem Fehlen eines Rechtsanspruchs auf Terminsverlegung folgt indes nicht, dass das Gericht bei der Verbescheidung von Terminverlegungsanträgen völlig frei wäre. Vielmehr ist über Verlegungsanträge nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminsplanung, der Gesamtbelastung des Spruchkörpers, des Gebots der Verfahrensbeschleunigung und der berechtigten Interessen des Verfahrensbeteiligten zu entscheiden (BGH NStZ 1998, 311; NStZ-RR 2007, 81). Ebenso zu berücksichtigen sind die Bedeutung der Sache sowie Anlass, Voraussehbarkeit und voraussichtliche Dauer der Verhinderung insbesondere des Verteidigers (vgl. OLG Koblenz NZV 2009, 569), sowie der Rang des Gerichts, die Komplexität des Sachverhalts und die zu erwartenden Rechtsfolgen (so Krumm StV 2012, 177).
Hinweis:
Die Straferwartung kann jedoch nur in beschränktem Umfang zur Begründung der Ablehnung eines Verlegungsantrags herangezogen werden. Die elementaren Angeklagtenrechte, insbesondere die freie Verteidigerwahl, beanspruchen in allen Verfahren Geltung, und zwar unabhängig von der Straferwartung.
Bei seiner Entscheidung hat der Vorsitzende sämtliche ihm bekannten Umstände zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, § 228 Rn. 10). Im Zweifel gebührt dem Verteidigungsinteresse der Vorrang (OLG München NStZ-RR 2006, 20).
b) Recht auf freie Verteidigerwahl
Grenzen setzen der Ermessensausübung insbesondere das aus dem verfassungsmäßig verbürgten Anspruch auf ein faires Verfahren und aus § 137 Abs. 1 StPO, Art. 6 Abs. 3c MRK folgende Recht des Angeklagten, sich in jeder Phase des Verfahrens des Beistands eines Verteidigers seiner Wahl und seines Vertrauens zu bedienen sowie die Fürsorgepflicht des Gerichts.
Das Recht der freien Verteidigerwahl ist nicht auf die Fälle notwendiger Verteidigung i.S.d. § 140 StPO beschränkt, auch nicht im Bußgeldverfahren (OLG Braunschweig StV 2004, 366; OLG Hamm zfs 2009, 470). Stellt eine den Verlegungsantrag ablehnende Entscheidung maßgeblich oder gar ausschließlich darauf ab, dass kein Fall notwendiger Verteidigung vorliege, liegt ein Ermessensfehler vor. Eine Einschränkung erfolgt lediglich insoweit, als der Angeklagte keinen unbedingten Anspruch auf die Bestellung des von ihm gewünschten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger hat; ansonsten bleibt sein Anspruch auf Verteidigung durch einen Verteidiger seines Vertrauens unberührt (BGH NJW 1992, 849). In diesem Recht wird der Angeklagte verletzt, wenn sich das Gericht im Falle der Verhinderung des Pflichtverteidigers, der das Vertrauen des Angeklagten genießt, nicht ernsthaft um eine Verlegung des Hauptverhandlungstermins bemüht (OLG Köln StraFo 1998, 267; vgl. auch BGH NJW 1992, 849).
Hinweis:
Die Verhinderung des gewählten Verteidigers darf grundsätzlich auch nicht zum Anlass genommen werden, einen weiteren Rechtsanwalt zum Pflichtverteidiger zu bestellen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, § 141 Rn. 1a; BGH NJW StV 1992, 53; OLG ...