1. Gesetzliche Regelung
Auch im Berufungsverfahren ist eine ermäßigte 0,5-Terminsgebühr im Falle der Säumnis vorgesehen. Hier ist allerdings – im Gegensatz zur ersten Instanz – danach zu differenzieren, welche Partei säumig ist.
2. Säumnis des Berufungsklägers
Erscheint der Berufungskläger nicht und ist er auch nicht ordnungsgemäß vertreten, reduziert sich die Terminsgebühr auf 0,5, da die Berufung ohne weitere Prüfung zurückgewiesen wird. Insoweit kann auf die Ausführungen zur ersten Instanz zurückgegriffen werden. Zur Ausnahme bei der einseitigen Erledigungserklärung (s.u. 4.).
Beispiel 31:
Gegen seine erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung von 15.000 EUR legt der Beklagte Berufung ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint sein Prozessbevollmächtigter nicht, so dass auf Antrag des Berufungsbeklagten ein die Berufung zurückweisendes Versäumnisurteil ergeht.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG (Wert: 15.000 EUR) |
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1.040,00 EUR |
2. |
0,5-Terminsgebühr, Nr. 3202, 3203 VV RVG (Wert: 15.000 EUR) |
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325,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.385,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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263,15 EUR |
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Gesamt |
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1.648,15 EUR |
Ebenso ist zu rechnen, wenn nur ein Antrag zur Prozess- und Sachleitung gestellt wird.
Beispiel 32:
Wie Beispiel 31; jedoch beantragt der Berufungsbeklagte Vertagung.
Abzurechnen ist wie in Beispiel 31.
Das gleiche gilt, wenn das Gericht von Amts wegen zur Prozess- und Sachleitung entscheidet.
Beispiel 33:
Wie Beispiel 31; jedoch vertagt das Gericht von Amts wegen, da der Berufungskläger nicht ordnungsgemäß geladen worden ist.
Abzurechnen ist wie in Beispiel 31.
3. Säumnis des Berufungsbeklagten
Ist der Berufungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung säumig, kommt die Reduzierung nicht in Betracht. Es bleibt bei der vollen 1,2-Terminsgebühr, da das Gericht jetzt in eine Sachprüfung einsteigen muss. Es muss prüfen, ob ausgehend vom Sachvortrag des Berufungsklägers die Berufung gerechtfertigt ist.
Beispiel 34:
Gegen seine erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung von 15.000 EUR legt der Beklagte Berufung ein. Der Kläger und Berufungsbeklagte erscheint in der mündlichen Verhandlung nicht und ist auch nicht vertreten. Es ergeht antragsgemäß sofort ein Versäumnisurteil.
Das Versäumnisurteil gegen den Berufungsbeklagten führt nicht zu einer Ermäßigung der Terminsgebühr (arg. e Nr. 3203 VV RVG). Es fällt daher die volle 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV RVG an.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG (Wert: 15.000 EUR) |
|
1.040,00 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG (Wert: 15.000 EUR) |
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780,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.840,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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349,60 EUR |
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Gesamt |
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2.189,60 EUR |
Konsequenterweise muss es daher auch hier bei einer 1,2-Terminsgebühr verbleiben, wenn nur ein Antrag zur Prozess- und Sachleitung gestellt wird oder das Gericht von Amts wegen zur Prozess- und Sachleitung entscheidet.
Beispiel 35:
Gegen seine erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung von 15.000 EUR legt der Beklagte Berufung ein. Der Kläger und Berufungsbeklagte erscheint in der mündlichen Verhandlung nicht und ist auch nicht vertreten. Der Berufungskläger beantragt Vertagung oder das Gericht vertagt von Amts wegen.
Abzurechnen ist wie in Beispiel 34.
4. Wechselseitige Berufungen, Säumnis des Berufungsklägers
Werden wechselseitig Berufungen eingelegt und erscheint dann eine Partei nicht und ist sie auch nicht ordnungsgemäß vertreten, so fallen zwei Terminsgebühren an, nämlich eine zu 0,5 (Nr. 3203 VV RVG) und eine zu 1,2 (Nr. 3202 VV RVG). Zu beachten ist wiederum § 15 Abs. 3 RVG.
Beispiel 36:
Auf die Klage über 20.000 EUR hat das Gericht den Beklagten auf Zahlung von 10.000 EUR verurteilt. Der Kläger legt gegen die Abweisung der Klage Berufung ein. Später erhebt der Berufungsbeklagte Anschlussberufung, mit der er die vollständige Abweisung der Klage verfolgt. In der mündlichen Verhandlung erscheint der Berufungskläger nicht, so dass auf Antrag des Berufungsbeklagten die Berufung des Klägers zurückgewiesen und der Anschlussberufung des Berufungsbeklagten stattgegeben wird.
Aus dem Wert der Berufung ist lediglich die 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3202, 3203 VV RVG angefallen. Aus dem Wert der Anschlussberufung ist dagegen die volle 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV RVG angefallen, da insoweit der Berufungsbeklagte selbst Berufungskläger ist.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG (Wert: 20.000 EUR) |
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1.187,20 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG (Wert: 10.000 EUR) |
669,60 EUR |
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3. |
0,5-Terminsgebühr, Nr. 3202, 3202 VV RVG (Wert: 10.000 EUR) |
279,00 EUR |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,2 aus 20.000 EUR |
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890,40 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
2.097,60 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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398,54 EUR |
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Gesamt |
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2.496,14 EUR |
5. Sonderfall: Erledigung der Hauptsache
Eine besondere Konstellation kann im Falle der Erledigung der Hauptsache eintreten. War der Kläger in erster Instanz siegreich und hat der verurteilte Beklagte Berufung eingelegt und erledigt sich dann die Klage (nicht die Berufung), so muss der Kläger als Berufungsbekl...