Praktisch relevant sind weiterhin die neugeregelten Rechtsfolgen des Widerrufs, die im Ergebnis zu einer Verschlechterung der Rechtsposition des Verbrauchers geführt haben.
a) Rechtsfolgen des Widerrufs
Die wichtigste Änderung betrifft die "Entkopplung" des Widerrufsfolgenrechts vom Rücktrittsrecht (§§ 346 ff. BGB) in §§ 357–357c BGB (vgl. dagegen den früheren § 357 BGB a.F.), die ebenfalls richtlinien(vorgaben)bedingt ist (vgl. dazu Art. 12 ff. VRRL).
Die deutsche Umsetzung verfolgt hier – systematisch immerhin konsequent – die zuvor geschilderte Regelungstechnik bei den Widerrufs(grund)normen:
- § 357 BGB: Rechtsfolgen des Widerrufs von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen,
- § 357a BGB (s. § 355 Abs. 3 S. 1 BGB für die unverzügliche Rückgewährpflicht): Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über Finanzdienstleistungen,
- § 357b BGB: Rechtsfolgen des Widerrufs von Teilzeit-Wohnrechteverträgen, Verträgen über ein langfristiges Urlaubsprodukt, Vermittlungsverträgen und Tauschsystemverträgen (s. zum Widerrufsrecht §§ 485, 355, 356a BGB),
- § 357c BGB: Rechtsfolgen des Widerrufs von weder im Fernabsatz noch außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Ratenlieferungsverträgen (vgl. zum Widerrufsrecht §§ 510 Abs. 2, 355, 356c BGB).
Zwar ist die Auflösung der Verknüpfung der Widerrufsfolgen mit dem Rückrittsrecht grundsätzlich zu begrüßen (so auch Tonner VuR 2013, 443 ff., 446), zumal auch das frühere Recht hier eine Reihe von Ausnahmen (§ 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.) vorgesehen hat (vgl. insbesondere den früheren § 357 Abs. 3 BGB a.F.). Jedoch führen auch die neuen "vertragsspezifischen" Widerrufsfolgenregelungen nicht unbedingt zu einem besseren (scil. einfacheren) Verständnis der jeweiligen Rechtsfolgen des Widerrufs. Einzuräumen ist dabei, dass die jeweiligen EU-Richtlinien, die Widerrufsrechte enthalten, diese abschließend regeln und sich nicht aufeinander beziehen (vgl. dazu die amtliche Begründung, BT-Drucks. 17/12637, S. 33). Jedoch hätte diese "dogmatische Offenheit" auch eine kohärente Regelung im Rahmen einer (eigenständigen) nationalen Umsetzung ermöglicht – trotz "Vollharmonisierungsansatz" (vgl. dazu auch BR-Drucks. 817/12, S. 1, sowie die DAV-Stellungnahme Nr. 78/2012 v. Okt. 2012, S. 3 f.: "geschlossenes" Verbrauchervertragsrecht außerhalb des BGB).
Hinweis:
Eine signifikante Verschlechterung der Widerrufsfolgen für den Verbraucher liegt jedenfalls darin, dass nunmehr die Kosten der Warenrücksendung grundsätzlich vom Verbraucher zu tragen sind, vgl. § 357 Abs. 6 BGB. Etwas anderes gilt dann, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß darüber unterrichtet wurde (s. Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EGBGB), der Unternehmer diese Verpflichtung selbst übernommen hat oder die direkt angelieferten Waren bei "Außergeschäftsraumverträgen" nicht rücksendungsgeeignet sind, § 357 Abs. 6 S. 1–3 BGB (s. dazu näher H. Schneider/Vierkötter ZAP F. 3, S. 283 ff., 285 f.).
b) Wertersatz
Die praktisch oft widerrufshindernde Frage des Wertersatzes ist in § 357 Abs. 7 BGB geregelt (vgl. insbesondere zum "Prüfungsrecht" Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 357 BGB, Rn. 9 m.w.N.): Danach kommt Wertersatz nur in Betracht, wenn der Wertverlust durch einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der nicht zur Prüfung deren Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise erforderlich war (und der Verbraucher zudem ordnungsgemäß belehrt wurde, s. § 357 Abs. 7 Nr. 1 und Nr. 2 BGB). Diese Formulierung begünstigt den Verbraucher, da Wertverlust aufgrund von (reinen) Prüfungshandlungen (d.h. Ausprobieren und Testen der Ware) ausgeschlossen ist und zudem der Unternehmer für das Gegenteil die Darlegungs- und Beweislast trägt. Sonderfälle des (fehlenden) Wertersatzes sind in § 357 Abs. 8 und 9 BGB geregelt.
c) Verbundener Vertrag
Den "verbundenen Vertrag" regelt § 358 BGB, wobei Abs. 1 BGB (Erstreckung der Widerrufsfolgen auf einen verbundenen Darlehensvertrag) sowie die beiden nachfolgenden Absätze (§ 358 Abs. 2 BGB mit der umgekehrten Erstreckung sowie § 358 Abs. 3 BGB mit der "Verbundvertrag"-Definition) im Wesentlichen unverändert geblieben sind.
Besondere Aufmerksamkeit verdient § 358 Abs. 5 BGB (Ausschluss der Anwendbarkeit auf Darlehensverträge, die der Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten dienen) sowie § 358 Abs. 4 BGB: Danach wird die Widerrufsfolgensystematik bei verbundenen Verträgen an die Neuregelungen der §§ 355 Abs. 3, 357–357b BGB angepasst. Dies bedingt nicht nur (erneut) differenzierte Bezugnahmen, sondern die Norm verliert (gerade im Vergleich zum früheren § 358 Abs. 4 BGB a.F.) deutlich an Übersichtlichkeit.
"Einwendungen bei verbundenen Verträgen" sind in § 359 BGB geregelt, wobei Abs. 1 den bisherigen Regelungsgehalt des früheren § 359 BGB a.F. enthält und § 359 Abs. 2 BGB zwei (bekannte) Ausnahmen (vgl. § 359a Abs. 3 und 4 BGB a.F.) nennt: Ausschluss der Anwendbarkeit auf Darlehensverträge, die der Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten dienen sowie bei einer "Bagatellgrenze" von ...