Im Mittelpunkt des Umsetzungsgesetzes stehen die im Allgemeinen Schuldrecht des BGB verorteten Änderungen und Neufassung der Abschnitte über besondere Vertriebsformen gem. §§ 312b–312j BGB (s.u. 2.) sowie über das verbraucherschützende Widerrufsrecht (vgl. auch zur Historie und m.w.N. N. Fischer, Das allgemeine verbraucherschützende Widerrufsrecht, 2003, passim) gem. §§ 355–361 BGB (s.u. III.). Soweit die Neuregelungen nicht nur "Besondere Vertriebsformen" regeln, sondern auch allgemeine Vorschriften für jeden Verbrauchervertrag (s. §§ 13, 14 BGB) vorsehen, lässt sich (in Ansätzen) bereits von einem "Allgemeinen Teil des Verbrauchervertragsrechts" sprechen.
1. Änderungen gem. §§ 13, 126b, 241a BGB
Eingangs zu nennen sind reformbedingte Änderungen im Allgemeinen Teil des BGB (§ 13 BGB und § 126b BGB) und im Allgemeinen Schuldrecht (§ 241a BGB), da davon zentrale Begriffe des – europäisch geprägten – deutschen Verbraucherprivatrechts betroffen sind: Neben dem Verbraucherbegriff des § 13 BGB sind auch die "Textform" (§ 126b BGB) und der "dauerhafte Datenträger" angepasst worden. Durch die Neufassung des Verbraucherbegriffs (durch die Einfügung des Wortes "überwiegend" in § 13 BGB) ist die bisher herrschende weite Auslegung kodifiziert worden (s. dazu diff. Tonner VuR 2013, 443 ff., 446 m.w.N.).
Die Neudefinition der Textform des § 126b BGB stellt auf den "dauerhaften Datenträger" (mit einer Legaldefinition in § 126b S. 2 BGB) ab. Zu begrüßen ist die (nötige) richtlinienkonforme Novellierung der Vorschrift. Ungeachtet des gerade für typische Verbraucher nicht gerade transparenten Wortlauts gilt dies auch für den Verzicht auf Regelbeispiele etc. (a.A. dagegen Wendehorst NJW 2014, 577 ff., 577 f.). Wenn sich der Normgehalt ohnehin nur noch dem juristisch geschulten Leser erschließt, ist es auch unschädlich, wenn sich der Gehalt dieser Neuregelung durch einen Rückgriff auf die klassischen Auslegungsmethoden bestimmen lässt (so verweist die Gesetzesbegründung auf E-Mails, während Webseitenangaben – vom Normzweck her zutreffend – nicht als ausreichend erachtet werden, s. BT-Drucks. 17/12637, S. 44 sowie EuGH, Urt. v. 5.7.2012 – C-49/11, Rn. 50, NJW 2012, 2637 ff.).
Die reformbedingte Neudefinition des "Warenbegriffs" im Allgemeinen Schuldrecht in § 241a Abs. 1 BGB (der Begriff "Sache" wird durch den Begriff "Ware" ersetzt und zugleich definiert, vgl. BT-Drucks. 17/12637, S. 44) hingegen gilt als missglückt, zumal weder die Notwendigkeit einer solchen Legaldefinition (zudem außerhalb des "kleinen Sachenrechts" der §§ 90 ff. BGB) noch deren Inhalt systematisch überzeugt (vgl. zur Normierung auch Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 241a BGB Rn. 1, 3 m.w.N.).
Hinweis:
Die maßgebliche Bereichsausnahme in Art. 2 Nr. 3 VRRL ist bereits mit § 312 Abs. 2 Nr. 13 BGB umgesetzt. Auch der Standort der Legaldefinition ist verfehlt, da diese für die Anwendung des § 241a BGB überhaupt nicht relevant ist.
2. Neufassung der §§ 312a–312j BGB
Für den (hier sog.) Allgemeinen Teil des Verbrauchervertragsrechts (s. zum Bemühen der EU um ein kohärenteres Verbrauchervertragsrecht nur Tonner VuR 2013, 443 ff.) ist auf den neuen Untertitel 2 ("Grundsätze bei Verbraucherverträgen und besondere Vertriebsformen") zu Titel 1 des 3. Abschnitt im 2. Buch des BGB hinzuweisen, der sich in vier Kapitel gliedert. Neu aufgenommen worden sind danach:
- grundlegende Informationspflichten für den Unternehmer bei Verbraucherverträgen im stationären Handel (vgl. zu Pflichtinformationen m.w.N. Kramme NJW 2015, 279 ff.) sowie
- allgemeine Grundsätze für alle Verbraucherverträge,
und zwar unabhängig von der jeweiligen Vertriebsform.
a) Informationspflichtenregelungen
Bei den Informationspflichten ist zwischen allgemeinen und besonderen Regelungen zu differenzieren.
aa) Allgemeines
Nach der Systematik der Novellierung finden sich die grundlegenden Informationspflichten, die für alle Verbraucherverträge gelten, in § 312a BGB ("Allgemeine Pflichten und Grundsätze bei Verbraucherverträgen; Grenzen der Vereinbarung von Entgelten"):
- in Abs. 1: Offenlegung des geschäftlichen Zwecks und der Identität des Anrufers,
- in Abs. 3: für Zahlungen, die über das für die Hauptleistung vereinbarte Entgelt hinausgehen,
- in Abs. 4: für Entgelte für die Nutzung bestimmter Zahlungsmittel,
- in Abs. 6: Teilwirksamkeitsbestimmung von § 312a BGB.
Für weitere Informationspflichten bezieht sich § 312a Abs. 2 S. 1 BGB auf Art. 246 EGBGB (s. dazu auch die Ausnahme in § 312a Abs. 2 S. 3 BGB). Davon sind wiederum diejenigen Verbraucherverträge ausgenommen, die unter § 312 Abs. 2 BGB fallen (vgl. dazu die Verweisung in § 312 Abs. 2 BGB).
Hinweis:
Aufgrund der umfangreichen Ausnahmetatbestände (vgl. den Katalog gem. § 312 Abs. 2 Nr. 1–13 BGB) kommt den Informationspflichten des Art. 246 EGBGB damit im Ergebnis nur eine limitierte Bedeutung für die Praxis zu.
bb) Verbraucherverträge über Finanzdienstleistungen
Immerhin sind Verbraucherverträge über Finanzdienstleistungen vom deutschen Gesetzgeber absichtlich nicht völlig ausgenommen worden, obwohl die VRRL diese nicht umfasst (vgl. Art. 3 Abs. 3d) VRRL, s. dazu BT-Drucks. 17/12637, S. 33). Damit führt die "überschießende Umsetzung" dies...