In dieser Entscheidung ging es – soweit hier von Interesse – um die Verantwortlichkeit des Grundstückseigentümers für Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks, die durch das Herüberragen von Ästen über die Grundstücksgrenze und das Abfallen von Nadeln einer Kiefer hervorgerufen wurden. Der BGH hat den Fall zum Anlass genommen, seine Rechtsprechung zum Störerbegriff (§ 1004 Abs. 1 BGB) weiter zu entwickeln, jedenfalls soweit es um die Haftung des Eigentümers für den Nadelfall geht. Dessen Haftung für Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks, die auf das Herüberragen von Ästen über die Grundstücksgrenze zurückzuführen sind, ist unproblematisch. Insoweit ergibt sich die Störereigenschaft schon aus § 910 Abs. 1 BGB (s.o. unter II. 5.) im Zusammenhang mit dem Umstand, dass das Herüberragen auf einem pflichtwidrigen Unterlassen des Eigentümers beruht.
Im Hinblick auf den Nadelfall (§ 906 Abs. 1 S. 1 BGB) – gleiches gilt für das Abfallen von Laub, Blüten und Zapfen von Bäumen und Sträuchern – hat der BGH hervorgehoben, dass bei dem Einwirken von Naturkräften eine dem Eigentümer vorwerfbare Störung nur bei einem pflichtwidrigen Unterlassen in Betracht komme. Das sei der Fall, wenn sich aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Störung ausgeht, eine "Sicherungspflicht", also eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks ergebe. Ob eine solche Pflicht bestehe, sei anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Dabei sei u.a. entscheidend, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und dem das Nachbarrecht beherrschenden Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme halte. Das sei in dem entschiedenen Fall deshalb zu verneinen, weil die Kiefern den nach dem Landesrecht zulässigen Grenzabstand nicht eingehalten haben. Allerdings bedeute das nicht automatisch, dass der Eigentümer in jedem Fall das Herüberfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen auf das Nachbargrundstück verhindern oder, falls dies mit wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen nicht erreicht werden könne, eine Entschädigung für die Beeinträchtigung zahlen müsse (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB). Vielmehr oblägen ihm diese Pflichten nur dann, wenn durch das Abfallen die Nutzung des Nachbargrundstücks wesentlich beeinträchtigt werde.
Weiter hat der BGH in dieser Entscheidung ausgeführt, dass dem Nachbarn, der von dem Eigentümer von Bäumen, die den gesetzlichen Grenzabstand nicht einhalten, deren Zurückschneiden wegen des Ablaufs der dafür in dem Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschlussfrist nicht mehr verlangt werden kann, für den erhöhten Reinigungsaufwand infolge des Abfallens von Nadeln und Zapfen dieser Bäume ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zustehen kann.