Zusammenfassung
Leitsatz des Gerichts:
- Die eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GbR führt nicht zu Lohn bei den angestellten Anwälten (auch soweit sie "Scheinsozien" sind).
Leitsatz des Bearbeiters:
2. |
Durch die Beitragszahlung wendet die GbR den Berufsträgern weder Geld noch einen geldwerten Vorteil in Form des Versicherungsschutzes zu. |
BFH, Urt. v. 10.3.2016 – VI R 58/14, ZAP EN-Nr. 716/2016
Bearbeiter: Rechtsanwalt Mark T. Singer, Neuss
I Einführung
Einmal mehr musste sich der BFH zur lohnsteuerliche Einordnung von (auch) zugunsten anwaltlicher Mitarbeiter wirkendenden Versicherungsbeiträgen Stellung nehmen. Hatte er insoweit bisher nur zur eigenen Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GmbH entschieden und hierbei maßgeblich darauf abstellen können, dass jene selbst als solche nach § 59j BRAO versicherungspflichtig war (vgl. Urt. v. 19.11.2015 – VI R 74/14, BStBl II 2016, 303), ging es nunmehr im Streitfall um Versicherungsbeiträge durch eine selbst nicht versicherungspflichtige Rechtsanwalts-GbR. Der BFH hat jetzt auch für diesen Fall die Behandlung als steuerfreien Arbeitslohn zugunsten der angestellten Rechtsanwälte nicht beanstandet.
II. Sachverhalt
Die Klägerin, seinerzeit eine GbR mit einem Notar, mehreren Rechtsanwälten und einem Steuerberater als Gesellschafter und seit Januar 2012 als Partnerschaft verfasst, hatte in den Streitjahren 2008 bis 2011 Prämien für eine im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft vereinbarten Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme i.H.v. 1 Mio. Euro pro Schadensfall gezahlt. Diese Versicherung bestand auch "hinsichtlich der angestellten Rechtsanwälte", die, sofern sie nicht Gesellschafter waren, parallel dazu für ihre "freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt" zusätzlich noch eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung über eine Versicherungssumme i.H.v. 250.000 EUR pro Schadensfall im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen hatten. Im Anschluss an eine Lohnsteuer- Außenprüfung vertrat die Finanzverwaltung die Ansicht, die Beitragszahlungen der Klägerin für die eigene Berufshaftpflicht führe zugleich zu Arbeitslohn der bei ihr angestellten Rechtsanwälte und erließ deshalb einen Haftungsbescheid gem. § 42d EStG. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
III Entscheidung
Der BFH hielt Revision für begründet und gab der Klage statt. Dabei geht der Senat zunächst einleitend auf die in Klage und Revision gewählte fehlerhafte Parteibezeichnung der Klägerin als GbR ein, die aber bei objektiver Würdigung ihres Erklärungsinhalts und entgegen ihrem Wortlaut dennoch als Klage und Revision der Partnerschaft zu verstehen ist, weil das Finanzamt trotz dortigem Auftretens der Klägerin als Partnerschaft seine Entscheidung noch an die (vormalige) GbR adressiert und dadurch die dann fehlerhaft im Rubrum übernommene Klägerbezeichnung dem Grunde nach selbst veranlasst habe. Dass die Klage dabei von einem rechtskundigen Prozessvertreter erhoben wurde, steht einer solchen Auslegung nicht entgegen (vgl. BFH, Urt. v. 23.4.2009 – IV R 87/05, BFH/NV 2009, 1650).
In der Sache selbst stützt sich der Senat auf die Erwägung, dass auch bei der nicht selbst versicherungspflichtigen GbR die Haftpflichtversicherung im überwiegenden, eigenen betrieblichen Interesse der Gesellschaft und Gesellschafter liegt und deshalb keinen Arbeitslohn darstellt (vgl. BFH, Urt. v. 14.11.2013 – VI R 36/12, BStBl II 2014, 278; Singer ZAP F. 20, S. 553 – zur Übernahme von Bußgeldern durch den Arbeitgeber). Dies gilt vorliegend umso mehr, als ein Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasste, zu Lohn führende Zuwendungen schon dann nicht erbringt, wenn er ausschließlich gegenüber einem Dritten eigene Verpflichtungen eingehe und eigene Ansprüche erwerbe, die keinen unmittelbaren Zusammenhang zu seinen Arbeitnehmern und den mit ihnen begründeten Dienstverhältnissen aufwiesen. Daraus für die Arbeitnehmer folgende etwaige Annehmlichkeiten seien dann – so der Senat weiter – damit bloße Reflexwirkungen einer ausschließlich eigenbetrieblichen Betätigung des Arbeitgebers, mit der er andere betriebsfunktionale Zielsetzungen als die Entlohnung seiner Arbeitnehmer verfolgt (vgl. BFH, Urt. v. 19.11.2015 – VI R 74/14, a.a.O.; Urt. v. 19.11.2015 – VI R 47/14, BStBl II 2016, 301 – für angestellte Klinikärzte). Vor diesem Hintergrund führt deshalb im Streitfall auch der Erwerb eines eigenen Haftpflichtversicherungsschutzes durch die Klägerin als Arbeitgeberin zu keinem lohnsteuerlich erheblichen Vorteil bei ihren angestellten Arbeitnehmern. Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung habe nämlich der Deckung des mit dem Betrieb der Klägerin verbundenen Haftungsrisikos, also dem eigenen Versicherungsschutz der GbR und ihrer Gesellschafter, die neben der GbR als mögliche Anspruchsgegner in Betracht kämen (vgl. BGH, Urt. v. 10.5.2012 – IX ZR 125/10, BGHZ 193, 193), gedient. Hiervon umfasst sei zwar (als bloßer Reflex) zugleich auch ein möglicher durch einen bei der GbR angestellten R...