Wird hingegen kein Antrag auf Arrest bzw. einstweilige Verfügung gestellt oder geht die Schutzschrift erst nach Zurückweisung oder Rücknahme des Antrags ein, so besteht mangels eines Prozessrechtsverhältnisses kein prozessualer Kostenerstattungsanspruch (BGH, Beschl. v. 23.11.2006 – I ZB 39/06, NJW-RR 2007, 1575 – Kosten der Schutzschrift II). Je nach Sachlage (z.B. bei einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung) kommt allerdings ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch in Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 23.11.2006 – I ZB 39/06, NJW-RR 2007, 1575 – Kosten der Schutzschrift II). Auch wenn die Frage, ob in bestimmten Konstellationen (insbesondere im Wettbewerbsrecht) ein solcher Kostenerstattungsanspruch besteht, ist es grundsätzlich anerkannt, dass unberechtigte Abmahnungen einen Anspruch auf Kostenerstattung im Wege des Aufwendungs- oder Schadensersatzes auslösen können, der entweder auf §§ 678 BGB, 823 Abs. 1 BGB, § 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 4 UWG n.F. oder § 97a Abs. 4 UrhG gründet.
Entgegen einer in der Literatur vertretener Auffassung, die auf angebliche Parallelen zur Berechtigungsanfrage abstellt (Ahrens/Achilles, Wettbewerbsprozess, 6. Aufl. 2009, Kap. 3, Rn. 19), entspricht es allgemeinen Grundsätzen der Schadensberechnung, nach die Kosten der Schutzschrift als adäquat-kausalen Schaden einer unberechtigten Abmahnung bzw. Schutzrechtsverwarnung zu berücksichtigen. Die Abmahnung unterscheidet sich nämlich in dem wesentlichen Punkt von der Berechtigungsanfrage, dass sie die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens androht und damit ausreichenden Anlass für die Konsultierung eines Anwalts gibt. Auch steht dem Kostenerstattungsanspruch nicht im Weg, dass die Kosten für die Schutzschrift durch einen Auftrag des Abgemahnten "verursacht" werden. Denn grundsätzlich sind auch solche Schäden ursächlich auf die schädigende Handlung zurückzuführen, die auf einer nicht ganz ungewöhnlichen Reaktion des Verletzten beruhen (sog. Herausforderungsfälle), was auch und insbesondere für Kosten der Rechtsverteidigung gilt. Die Schutzschrift ist aber keine ungewöhnliche Reaktion auf eine Abmahnung, sondern ein sachgerechtes, von der Rechtsprechung anerkanntes Verteidigungsmittel, so dass ihre Kosten erstattungsfähig sind (vgl. hierzu im Einzelnen Schmitt-Gaedke/Arz WRP 2012, 60, 62).
Praxishinweis:
Wer als vermeintlicher Gläubiger dem Risiko entgegen treten will, die Kosten der Schutzschrift zu tragen, kann in der Abmahnung klarstellen, keinen Verfügungsantrag stellen zu wollen.