1. Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
Wird der Antrag zurückgewiesen oder nimmt der Antragsteller den Antrag zurück, so hat der Antragsgegner einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch (§§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO bzw. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, vgl. BGH, Beschl. v. 13.2.2003 – I ZB 23/02, NJW 2003, 1257 – Kosten einer Schutzschrift). Dieser Kostenerstattungsanspruch umfasst durch die Fertigung der Schutzschrift entstandenen Kosten, da diese immer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und damit ersatzfähig sind. Zu erstatten ist eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, wenn die Schutzschrift Sachvortrag i.S.d. Nr. 3101 VV RVG enthält, wovon angesichts Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG auszugehen ist, wenn die Schutzschrift Tatsachen- oder Rechtsausführungen zur Sache und nicht nur Verfahrensanträge enthält (BGH, Beschl. v. 13.3.2008 – I ZB 20/07, NJW-RR 2008, 1093, Rn. 14 – Kosten der Schutzschrift III; OLG Nürnberg, Beschl. v. 11.4.2005 – 5 W 262/05, NJW-RR 2005, 941).
Andernfalls fällt eine 0,8-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3103 VV RVG an. Auch in dem seltenen, praktisch kaum vorstellbaren Fall, dass der Antragsgegner seinen Vertreter nur mit der Einreichung der Schutzschrift, nicht aber mit der Vertretung im einstweiligen Verfügungsverfahren beauftragt, kommt nur die Geltendmachung einer 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG in Betracht (BGH, Beschl. v. 13.3.2008 – I ZB 20/07, NJW-RR 2008, 1093, Rn. 15 – Kosten der Schutzschrift III).
Erstattungsfähig und somit festsetzbar sind auch die Kosten für das Schutzschriftenregister, da sie "Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen" nach Nr. 7001 VV RVG darstellen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.7.2015 – 6 W 72/15), durch die Führung des Verfahrens ausgelöst und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig sind.
Praxishinweis:
Da eine Auferlegung der Kosten im Falle einer Antragsrücknahme nach § 269 Abs. 4 ZPO einen Antrag des Antragsgegners voraussetzt, empfiehlt es sich, bereits in der Schutzschrift einen (innerprozessual) bedingten Antrag auf Erlass einer Kostengrundentscheidung zulasten des Antragstellers zu stellen.
2. Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Wird hingegen kein Antrag auf Arrest bzw. einstweilige Verfügung gestellt oder geht die Schutzschrift erst nach Zurückweisung oder Rücknahme des Antrags ein, so besteht mangels eines Prozessrechtsverhältnisses kein prozessualer Kostenerstattungsanspruch (BGH, Beschl. v. 23.11.2006 – I ZB 39/06, NJW-RR 2007, 1575 – Kosten der Schutzschrift II). Je nach Sachlage (z.B. bei einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung) kommt allerdings ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch in Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 23.11.2006 – I ZB 39/06, NJW-RR 2007, 1575 – Kosten der Schutzschrift II). Auch wenn die Frage, ob in bestimmten Konstellationen (insbesondere im Wettbewerbsrecht) ein solcher Kostenerstattungsanspruch besteht, ist es grundsätzlich anerkannt, dass unberechtigte Abmahnungen einen Anspruch auf Kostenerstattung im Wege des Aufwendungs- oder Schadensersatzes auslösen können, der entweder auf §§ 678 BGB, 823 Abs. 1 BGB, § 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 4 UWG n.F. oder § 97a Abs. 4 UrhG gründet.
Entgegen einer in der Literatur vertretener Auffassung, die auf angebliche Parallelen zur Berechtigungsanfrage abstellt (Ahrens/Achilles, Wettbewerbsprozess, 6. Aufl. 2009, Kap. 3, Rn. 19), entspricht es allgemeinen Grundsätzen der Schadensberechnung, nach die Kosten der Schutzschrift als adäquat-kausalen Schaden einer unberechtigten Abmahnung bzw. Schutzrechtsverwarnung zu berücksichtigen. Die Abmahnung unterscheidet sich nämlich in dem wesentlichen Punkt von der Berechtigungsanfrage, dass sie die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens androht und damit ausreichenden Anlass für die Konsultierung eines Anwalts gibt. Auch steht dem Kostenerstattungsanspruch nicht im Weg, dass die Kosten für die Schutzschrift durch einen Auftrag des Abgemahnten "verursacht" werden. Denn grundsätzlich sind auch solche Schäden ursächlich auf die schädigende Handlung zurückzuführen, die auf einer nicht ganz ungewöhnlichen Reaktion des Verletzten beruhen (sog. Herausforderungsfälle), was auch und insbesondere für Kosten der Rechtsverteidigung gilt. Die Schutzschrift ist aber keine ungewöhnliche Reaktion auf eine Abmahnung, sondern ein sachgerechtes, von der Rechtsprechung anerkanntes Verteidigungsmittel, so dass ihre Kosten erstattungsfähig sind (vgl. hierzu im Einzelnen Schmitt-Gaedke/Arz WRP 2012, 60, 62).
Praxishinweis:
Wer als vermeintlicher Gläubiger dem Risiko entgegen treten will, die Kosten der Schutzschrift zu tragen, kann in der Abmahnung klarstellen, keinen Verfügungsantrag stellen zu wollen.