Unter Berücksichtigung der am 1.1.2016 in Kraft getretenen Schutzschriftenregisterverordnung
I. Vorbemerkung
Am 1.1.2016 sind die Verordnung über das elektronische Schutzschriftenregister (Schutzschriftenregisterverordnung, SRV – BGBl I 2015, S. 2135) und das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts sowie zur Änderung der Zivilprozessordnung und kostenrechtlicher Vorschriften (BGBl I 2015, S. 2018) in Kraft getreten. Damit hat die Schutzschrift, ein bislang in sechs Jahrzehnten von der Praxis geformtes zivilprozessuales Institut (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.3.1955 – 6 W 51/55, NJW 1955, 1194; OLG München, Beschl. v. 12.8.1955 – 8 W 1175/55, NJW 1955, 1803, die die Berücksichtigung eines noch nicht als Schutzschrift bezeichneten, vorbeugenden Schriftsatzes dokumentieren und sich damit von früheren Entscheidungen abheben, in denen es als unzulässig angesehen wurde, dass sich der Antragsgegner in das Verfahren "hineindrängt"), eine gesetzliche Grundlage erhalten. Dies gibt Anlass dazu, einen Überblick über die wichtigsten praktischen und rechtlichen Fragen – unter Berücksichtigung der Neuerungen durch die SRV – im Zusammenhang mit der Schutzschrift zu geben sowie die technische Vorgehensweise bei der Einreichung von Schutzschriften darzustellen.
II. Schutzschrift
Nach der neuen Legaldefinition des § 945a Abs. 1 S. 2 ZPO ist die Schutzschrift ein vorbeugender Verteidigungsschriftsatz gegen einen erwarteten Antrag auf Arrest oder einstweilige Verfügung. Ihre Bedeutung verdankt die Schutzschrift der gerichtlichen Übung, die Mehrzahl der Arreste oder einstweiligen Verfügungen trotz der von §§ 937 Abs. 1, 922 Abs. 1 ZPO gesetzten Hürde im Beschlusswege anzuordnen und hierbei die Antragsgegner auch nicht schriftlich anzuhören, wie dies in der Literatur mit – insbesondere für das einstweilige Verfügungsverfahren – überzeugenden Gründen gefordert wird (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm/Köhler, § 12 UWG, Rn. 3.23).
Praxishinweis:
Wer erwartet, in einem Arrestverfahren oder einstweiligen Verfügungsverfahren in Anspruch genommen zu werden, und sein rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gewahrt wissen möchte, muss sich dieses selbst verschaffen, indem er seinen Standpunkt ohne Aufforderung des Gerichts in einer Schutzschrift vorbeugend darlegt.
Die besondere Natur der Schutzschrift bedingt drei Probleme:
- Zum einen stellt sich in der Praxis die Frage, wie die Schutzschrift inhaltlich ausgestaltet werden soll, wie nämlich der Antragsgegner vorbeugend zu einem Arrestantrag oder Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Stellung nehmen soll, der ihm noch nicht bekannt ist und dessen konkreten Inhalt er allenfalls (z.B. nach dem Erhalt eines Abmahnschreibens oder angesichts von Drohungen des potenziellen Antragstellers) erahnen kann.
- Zum zweiten ist der Antragsgegner dazu gehalten, den vom Antragsteller gewählten Gerichtsstand (vgl. hierzu Cuypers ZAP F. 13, S. 1945) zu antizipieren, um sicherzustellen, dass er beim angerufenen Gericht Gehör findet. Problematisch sind daher solche Fälle, in denen der Antragsteller eine Mehrzahl von Gerichten zur Wahl hat oder in denen gar ein fliegender deliktischer Gerichtsstand nach § 32 ZPO oder § 14 Abs. 2 UWG besteht; im letztgenannten Fall muss der Antragsgegner im Zweifel bei sämtlichen sachlich zuständigen Gerichten im Bundesgebiet Schutzschriften hinterlegen (115 Landgerichte oder 646 Amtsgerichte), um den Erlass einer Beschlussverfügung zu verhindern.
- Und drittens ergeben sich im Falle der (teilweisen) Rücknahme oder Zurückweisung des Verfügungsantrags besondere Probleme bei der Durchsetzung der Kostenerstattungsansprüche des Antragsgegners, dies insbesondere deshalb, weil Gerichte in diesem Fall bislang dazu neigen, § 922 Abs. 3 ZPO extensiv auszulegen und den Antragsgegner nicht über das einstweilige Verfügungsverfahren (d.h. insbesondere über die Einreichung eines Verfügungsantrags und dessen Schicksal) zu unterrichten.
III. Inhaltliche Gestaltung der Schutzschrift
1. Bezeichnung als Schutzschrift und Rubrum
Bei der inhaltlichen Gestaltung ist darauf Acht zu geben, dass die Schutzschrift durch eine klare Überschrift eindeutig als solche erkennbar wird und im Rubrum alle in Betracht kommenden Parteien auf beiden Seiten möglichst vollständig genannt werden. Das ist erforderlich, weil die Schutzschrift nicht zu einem bestimmten gerichtlichen Aktenzeichen eingereicht werden kann, weshalb sich bei den Gerichten immer wieder Zuordnungsschwierigkeiten ergeben, die dazu führen, dass die Schutzschrift nicht zur Akte gelangt und der Vortrag des Antragsgegners unberücksichtigt bleiben muss.
Praxishinweis:
Es empfiehlt sich, nicht nur die vollständigen Namen, Firmierungen und Adressen der Parteien in das Rubrum der Schutzschrift aufzunehmen, sondern dort auch weitere Identifikationsmerkmale wie Firmenschlagworte und -kürzel (z.B. "BMG" neben "Bertelsmann Music Group" oder "Degussa" als immer noch im Verkehr übliche Bezeichnung für "Evonik"), gesetzliche Vertreter, alternative Adressen, Postfächer und mögliche Prozessbevollmächtigte zu benennen. Immer wieder erweist es sich als s...