Die Körperverletzungsdelikte spielen in der Rechtsprechung der Obergerichte eine große Rolle (vgl. dazu eingehend die Rechtsprechungsübersicht von Lorenz StRR 2014, 207 ff.; StRR 7/2016, 4 ff. und Nr. 8/2016, 4 ff.). Aus der umfangreichen Rechtsprechung zu den §§ 223 ff. StGB ist hinzuweisen auf mehrere Entscheidungen des BGH zu § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB – mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs – in denen die Begehung der Tat mit einem Kraftfahrzeug von Bedeutung war (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Im Beschluss vom 30.7.2013 (4 StR 275/13, NStZ 2014, 36) hatte der BGH noch einmal (vgl. u.a. auch StV 2013, 438 f.) darauf hingewiesen, dass Voraussetzung einer gefährlichen Körperverletzung durch Anfahren mit einem Pkw ist, dass die Verletzungsfolge durch unmittelbaren Kontakt zwischen Fahrzeug und Person eintritt. Verletze sich eine Person, weil ein Pkw auf sie zufährt und stürze sie deshalb, liege eine gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) nicht vor, wenn die Verletzung (nur) auf dem Sturz beruhe. Voraussetzung für das Vorliegen einer gefährlichen Körperverletzung sei, dass die Verletzung durch den unmittelbaren Kontakt zwischen Fahrzeug und Person verursacht wird.
Nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt war eine psychisch gestörte Frau mit ihrem Pkw zwei jugendlichen Zeitungsausträgern, die mit ihren Fahrrädern unterwegs waren, hinterher gefahren. Diese versuchten, vor der Frau zu fliehen. Im Rahmen der Flucht fuhr die Frau zielgerichtet auf einen der Zeitungsausträger zu, so dass dieser von seinem Fahrrad stürzte und sich Verletzungen zuzog. Das LG hatte in diesem Vorfall u.a. eine gefährliche Körperverletzung seitens der Autofahrerin gesehen. Der BGH (a.a.O.) hat hingegen eine gefährliche Körperverletzung aufgrund des Sturzes durch Anfahren verneint.
Hinweis:
Die Rechtsprechung des BGH wird inzwischen angezweifelt. Nach Auffassung des OLG Hamm bestehen Zweifel, ob der Rechtsprechung des BGH gefolgt werden kann, da die Formulierung "mittels" lediglich eine Kausalitätsbeziehung umschreibe und sich die Gefährlichkeit des Werkzeugs ggf. auch bei nur mittelbarer Wirkung entfalten könne (OLG Hamm VRR 2014, 228 = DAR 2014, 594).
Der BGH wendet seine Rechtsprechung im Übrigen auch bei der Beurteilung des subjektiven Tatbestands an (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 4.11.2014 – 4 StR 200/14, NStZ-RR 2015, 244). Einen auf die Begehung einer gefährlichen Körperverletzung in der Variante des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB gerichteten Vorsatz hat, wer eine andere Person durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes, gefährliches Tatmittel i.S.v. § 223 Abs. 1 StGB misshandeln, an der Gesundheit beschädigen will oder dies zumindest billigend in Kauf nimmt. Das bedeute, so der BGH, dass dann, wenn der Täter mit einem Pkw auf einen anderen Verkehrsteilnehmer zufahre, der innere Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB daher nur dann erfüllt ist, wenn er sich dabei wenigstens mit der Möglichkeit abgefunden hat, dass die betroffene Person angefahren oder überfahren wird und unmittelbar hierdurch eine Körperverletzung erleidet. Rechnet der Täter dagegen nur mit Verletzungen infolge von Ausweichbewegungen oder einem Sturz, scheide die Annahme einer versuchten gefährlichen Körperverletzung gem. §§ 224 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2; 22, 23 Abs. 1 StGB aus. Mit dieser Begründung hat der BGH den Versuch einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB in einem Fall verneint, in dem der Angeklagte mit einem Pkw von hinten den Motorroller eines anderen Verkehrsteilnehmers angefahren hatte. Da der Angeklagte nach den Feststellungen jedoch allein damit rechnete, dass der Geschädigte dem Anstoß ausweichen und sich erst im Zuge des rettenden Manövers bei dem darauffolgenden – als mögliches Resultat erkannten – Sturz Verletzungen zuziehen würde, schied nach Auffassung des BGH die Annahme einer versuchten gefährlichen Körperverletzung aus (BGH, a.a.O.).