a) Verurteilung nach § 315b StGB
Die obergerichtliche Rechtsprechung bestätigt noch einmal: Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gem. § 315b Abs. 1 StGB liegt erst dann vor, wenn durch eine der in § 315b Abs. 1 Nr. 1–3 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeigeführt worden ist und sich diese abstrakte Gefahrenlage zu einer konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert verdichtet hat. Danach kann ein willkürliches Abbremsen bei "hoher Geschwindigkeit", um den nachfolgenden Kfz-Führer zu einer scharfen Bremsung oder Vollbremsung zu zwingen, einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr durch Hindernisbereiten i.S.d. § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellen (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 15.12.2015 – 5 RVs 139/15). Entsprechendes gilt, wenn ein Fahrzeugführer mit einem Pkw mit hoher Geschwindigkeit und ungebremst auf einen Streifenwagen zufährt, der sich quer zur Fahrbahn gestellt hat, um ein Durchkommen zu verhindern (vgl. BGH StV 2016, 286 = NZV 2016, 345). Allerdings muss in dem Fall das Urteil wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) konkrete Feststellungen zu den Entfernungsverhältnissen machen, die einen sicheren Schluss auf einen "Beinahe-Unfall" zulassen. Nur so kann sich nämlich ergeben, dass das Fahrverhalten des Angeklagten zu einer konkreten Gefahr für die in § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB bezeichneten Individualrechtsgüter geführt hat. Weiter bedarf es der Feststellungen zu einem zumindest bedingten Schädigungsvorsatz (BGH a.a.O.).
b) Verurteilung nach § 315c StGB
aa) Geisterfahrer
Eine Geisterfahrt, also das Fahren entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung, stellt keinen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot gem. § 315 Abs. 1 Nr. 2e StGB dar (OLG Köln, Beschl. v. 10.12.2015 – III-1 RVs 225/15, ZAP EN-Nr. 266/2016 = VRR 3/2016, 3 [Ls.]). Denn das Rechtsfahrgebot trifft seinem Sinn nach denjenigen Verkehrsteilnehmer nicht, der entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung fährt (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 315c Rn 18 a.E.). Das ergibt sich zudem auch aus § 315c Abs. 1 Nr. 2f StGB, der das Fahren entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung unter Strafe stellt, allerdings beschränkt auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen. Diese Beschränkung würde durch die Subsumtion einer "Geisterfahrt" auf einer sonstigen Straße mit nur einer Fahrtrichtung unter § 315 Abs. 1 Nr. 2e StGB umgangen.
bb) Vorsatz
Die vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs gem. § 315c Abs. 1 StGB verlangt – anders als in § 315c Abs. 3 Nr. 1 StGB – hinsichtlich aller Tatumstände zumindest bedingten Vorsatz. Der Vorsatz des Täters muss deshalb nicht nur die Fahrunsicherheit, sondern auch die konkrete Gefahr umfassen. Der Täter muss die Umstände kennen, die den Gefahrerfolg im Sinne eines "Beinahe-Unfalls" als nahe liegende Möglichkeit erscheinen lassen und sich mit dem Eintritt dieser Gefahrenlage zumindest abfinden (vgl. BGH, Beschl. v. 13.1.2016 – 4 StR 532/15, NJW 2016, 1109 = NStZ 2016, 216 = NZV 2016, 288, s.a. BGH zfs 2014, 713; König in: Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 315c Rn 48).