Auch Übernachtungen und Ferienaufenthalte gehören zu normalen Umgangskontrakten – und zwar auch bei kleineren Kindern. Insbesondere dann, wenn der Umgangsberechtigte wegen größerer örtlicher Entfernungen einen hohen Aufwand treiben muss, um den Kontakt zu seinem Kind zu pflegen, besteht ein sachlicher Grund, Umgang mit Übernachtungen und während längerer Ferienzeiten zu fördern (BVerfG FamRZ 2007, 1078). Jedoch ist das Alter des Kindes allein kein maßgebliches Kriterium.

Die Weigerung des Kindes, über Nacht beim anderen Elternteil zu bleiben, ist nicht generell unbeachtlich. Zu beachten sind insbesondere die Belastbarkeit des Kindes, die bisherige Intensität seiner Beziehungen zum Umgangsberechtigten und seine Vertrautheit mit diesem, die räumliche Entfernung der Eltern voneinander, die Interessen und Bindungen von Kind und Eltern, das Verhältnis letzterer zueinander, die persönliche und berufliche Situation des Umgangsberechtigten sowie dessen Betreuungsmöglichkeiten, der Wille des Kindes, soweit er mit seinem Wohl vereinbar ist, sowie dessen Alter und altersbedingtes Zeitempfinden, Entwicklungs- und Gesundheitszustand. Gegen einen Übernachtungsumgang kann der beachtliche Wille des Kindes sprechen, der ohne Gefährdung für seine sozial-emotionale Entwicklung nicht kurzfristig zu überwinden ist. Relevant ist zudem, ob bereits ein Kontakt stattgefunden hat und wie intensiv dieser war (OLG Brandenburg, Beschl. v. 7.8.2015 – 9 UF 8/15, juris; KG, Beschl. v. 20.6.2014 – 3 UF 159/12, ZKJ 2015, 235–239).

Eine Umgangsregelung ohne Übernachtung hält sich noch im Rahmen des richterlichen Ausgestaltungsspielraums, stellt also keinen Umgangsausschluss i.S.d. § 1684 Abs. 4 BGB dar. Notwendig ist jedoch auch bei kurzer Distanz zwischen den Wohnsitzen eine besondere Rechtfertigung, dass Übernachtungen nicht dem Kindeswohl entsprächen (OLG Saarbrücken FamRZ 2013, 712).

 

Hinweis:

Dabei versteht es sich von selbst, dass jedenfalls dann, wenn die Mutter den Vater von ihren Reiseplänen rechtzeitig unterrichtet hat, ein ausnahmsweise in die Reisezeit der Mutter fallender regelmäßiger Umgang des Vaters mit seinem Kind ersatzlos entfällt (OLG Brandenburg, FamRZ 2015, 1818).

Der generelle Ausschluss des Umgangs während der Ferienzeit verstößt jedoch gegen Art. 6 Abs. 2 GG, wenn hierfür keine hinreichende Begründung gegeben wird (BVerfG FamRZ 2005, 871; FamRZ 2007, 105). "Ungünstige Entwicklungen bei der Durchführung des Umgangs" genügen hierfür nicht. Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ist zu berücksichtigen, dass gerade die Möglichkeit eines mehrwöchigen Zusammenlebens im Rahmen eines Urlaubs wesentlich dazu beitragen kann, die gefühlsmäßigen Bindungen des Kindes zum nichtsorgeberechtigten Elternteil aufrechtzuerhalten und zu festigen. Demnach gehört auch bei einem 4 ½ Jahre alten Kind eine Ferienregelung, die einen Flug in die Heimat des Vaters (Italien) einschließt, zum gesetzlichen Umgangsrecht (OLG Frankfurt FamRZ 2007, 664).

Selbst bei Strafhaft ist das Umgangsrecht nicht generell ausgeschlossen, sondern ggf. begleiteter Umgang durchzuführen (BVerfG FamRZ 2006, 1822, 1824; FamRZ 2008, 246; OLG Hamm FamRZ 2003, 951).

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