I. Vorbemerkung
Umgangsstreitigkeiten gehören zum – wenig erfreulichen – Alltag des familienrichterlichen Dezernats. Auch hier stecken – ähnlich wie bei den Sorgestreitigkeiten – zumeist die Beziehungsstreitigkeiten und Konfliktmuster der Eltern hinter den vorgetragenen Umgangsproblemen.
Auch der professionell tätige Verfahrensbevollmächtigte sollte dem von ihm vertretenen Elternteil, bei dem sich das Kind befindet, möglichst frühzeitig eindringlich und nachhaltig deutlich machen, dass Besuchskontakte zum anderen Elternteil nicht nur zu billigen, sondern aktiv zu fördern sind. Dabei sollte auch klargestellt werden, dass gelegentliche emotional bedingte Zwistigkeiten, die bei Umgangskontakten immer wieder einmal auftreten, nicht hochgeschaukelt und vor allem nicht zum Anlass genommen werden sollten, Umgangskontakte zu verhindern oder zu hintertreiben. Dem umgangsberechtigten Elternteil ist klar zu machen, dass ein Umgangstermin keine unverbindliche Verabredung ist, sondern für das Kind unbedingt einzuhalten ist. Zudem dienen Umgangskontakte alleine dem Kind und nicht der Kontakt- oder Streitpflege mit dem ehemaligen Partner.
Aus anwaltlicher Sicht ist besonders nachteilig, dass streitig geführte Umgangsverfahren zeit- und arbeitsaufwendig sind, aber nur mäßig honoriert werden. Es liegt daher auch im eigenen Interesse des Anwalts, den Streit nicht anzuheizen, sondern aktiv zur Beruhigung beizutragen. Kommt es zu Umgangsstreitigkeiten, empfiehlt sich immer, zuerst das örtliche Jugendamt einzuschalten, um eine Vermittlung zwischen den Eheleuten zu versuchen.
Praxishinweise:
- Umgangskontakte müssen die getrennten und geschiedenen Eltern bis zur Volljährigkeit des Kindes abwickeln. Es versteht sich von selbst, dass nicht ein ganzer Apparat von Juristen, Sozialarbeitern, Pädagogen, Psychologen usw. für diese gesamte Zeit bereitgestellt werden kann, um die Eltern auf den rechten Weg zu verweisen – und das Ganze möglichst auch noch auf Kosten der Allgemeinheit.
- Je eher sich die zerstrittenen Eheleute also daran gewöhnen, die Besuchskontakte als absolute Normalität zu begreifen und eigenständig ohne Probleme abzuwickeln, desto besser!
II. Grundsätze des Umgangsrechts
Leben die Eltern nicht zusammen, so hat der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, ein Recht auf regelmäßigen Umgang mit dem Kind. § 1626 Abs. 3 BGB legt fest, dass der Umgang mit beiden Elternteilen zum Wohle des Kindes gehört. § 1684 Abs. 1 BGB definiert dies als eigenes Recht des Kindes.
Das Umgangsrecht ermöglicht dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Aussprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen (BVerfG FamRZ 2013, 433; s.a. BVerfG FamRZ 2007, 105; FamRZ 1995, 86, 87; BGH FamRZ 1984, 778, 779). Damit korrespondiert auch eine Pflicht des betreffenden Elternteils zum Umgang (BGH FamRZ 2005, 429) die allerdings eine nicht gerichtlich durchsetzbare Verpflichtung ist (BVerfG FamRZ 2008, 845). Auf das Umgangsrecht kann daher auch nicht durch vertragliche Vereinbarung der Eltern verzichtet werden (BGH FamRZ 2005, 1471). Das Recht, Art und Umfang des Umgangs zu bestimmen, ergibt sich aus dem Recht der Personensorge, § 1632 Abs. 2 BGB.
III. Ausgestaltung der Umgangskontakte
Für die konkrete Ausgestaltung von Umgangskontakten gibt es keine festen Regeln, es ist immer eine kindeswohlgerechte Einzelfallregelung (OLG Köln FamRZ 2013, 49) zu treffen. Den Eltern steht es frei, den persönlichen Umgang im Einklang mit dem Kindeswohl durch Vereinbarung selbst zu regeln (KG MDR 2015, 1241; OLG Brandenburg FamRZ 2015, 1818).
Können sich die Eltern über die Ausgestaltung des Umgangs nicht einigen, entscheidet gem. § 1684 Abs. 3 BGB das Gericht über Umfang und Ausübung des Umgangs. Diese gerichtliche Regelung erfolgt ohne Bindung an Anträge der Beteiligten und es sind diejenigen Modalitäten festzulegen, die unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Eltern dem Kindeswohl am besten entsprechen, § 1697a BGB (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 6. Aufl. 2015, § 1684 Rn 21 f.).
1. Zeitliche Vorgaben
14-tägige Besuchskontakte über das Wochenende haben sich zwar in vielen Fällen als praktikabel erwiesen. Es besteht aber kein Anlass, eine solche Regelung als Grenze nach oben oder nach unten zu betrachten.
Der Umgangsberechtigte hat üblicherweise alle 14 Tage am Wochenende Umgang mit dem Kind. Ist dies wegen der großen zurückzulegenden Entfernung nicht möglich, bleibt nur die Verlängerung des "erweiterten" Wochenendumgangs (OLG Brandenburg FamRZ 2015, 1818).
Beispiel:
Leben die Kindeseltern mehrere 100 Kilometer auseinander, ist der übliche 14-tägige Umgan...