Die Bundesregierung möchte das Strafverfahren vereinfachen und beschleunigen und hat deshalb Mitte Dezember den vom Bundesjustizministerium vorgelegten Entwurf des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens (vgl. dazu auch ZAP Anwaltsmagazin 13/2016, S. 664) mit einigen Änderungen beschlossen. Beabsichtigt ist, das Vorhaben noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten zu lassen.
Der Deutsche Richterbund hat in einer Stellungnahme das Vorhaben insgesamt begrüßt, jedoch auch Kritik an einzelnen Regelungen geübt. So enthalte der Entwurf nach wie vor Regelungen, die aus Sicht der Richterschaft seinem Ziel, nämlich das Strafverfahren zu vereinfachen, nicht gerecht würden. Dazu gehörten insbesondere die verpflichtende audiovisuelle Dokumentation von Beschuldigtenvernehmungen in bestimmten Fällen sowie das Recht des Verteidigers, in umfangreicheren Verfahren vor Beginn der Beweisaufnahme eine Erklärung zur Anklage abzugeben.
Auch wenn der jetzige Entwurf die zwingende audiovisuelle Dokumentation von Beschuldigtenvernehmungen nur noch eingeschränkt zulasse, sei nicht auszuschließen, dass ein Beschuldigter wegen der audiovisuellen Aufzeichnung der Vernehmung die Aussage verweigere, ohne die Aufzeichnung aber zur Aussage bereit wäre. Der Gesetzentwurf sehe nicht vor, dass in solchen Fällen auf die audiovisuelle Dokumentation der Vernehmung verzichtet werden könnte, was aber geboten sei. Habe der Beschuldigte letztlich nur die Wahl zwischen einer audiovisuell dokumentierten Vernehmung oder einer Aussageverweigerung, sei dies der Wahrheitsfindung nicht dienlich.
Das vorgesehene Recht des Verteidigers, vor Beginn der Beweisaufnahme eine Erklärung zur Anklage abzugeben, sehen die Richter trotz der Einschränkung auf Verfahren mit einer Verhandlungsdauer von voraussichtlich mindestens zehn Tagen sehr kritisch. Es werde in umfangreicheren Verfahren regelmäßig zu Verfahrensverzögerungen führen, auch wenn jetzt vorgesehen sei, dass der Vorsitzende dem Verteidiger aufgeben könne, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde. Es sei nicht ersichtlich, dass die Verteidigung nach geltendem Recht keine hinreichenden Möglichkeiten hätte, im Laufe des Verfahrens die erforderlichen Erklärungen zur Anklage abzugeben. Eine Erklärung vorab dürfte i.d.R. nicht zur Wahrheitsfindung beitragen, sondern nur den Beginn der Beweisaufnahme hinauszögern.
Der Richterbund bedauert in seiner Stellungnahme zudem, dass auch der jetzige Entwurf nach wie vor keine Regelung zur Überwachung verschlüsselter Kommunikation enthält. Die Praxis benötige hier klare gesetzliche Vorgaben.
[Quelle: Deutscher Richterbund]