Unabhängig von der Frage, wie sich die künftige Bundesregierung genau zusammensetzen wird, dürfte aus anwaltlicher Sicht die angestrebte Reform der §§ 59a ff. BRAO von besonderer Bedeutung sein (ZAP 16/2017, S. 837, 839 ff.). Die Neuordnung des anwaltlichen Gesellschaftsrechts ist dabei insbesondere angesichts des Beschlusses des BVerfG vom 12.1.2016 (Az. 1 BvL 6/13, BGBl I, S. 244; s. nachfolgend auch BGH, Beschl. v. 12.4.2016 – II ZB 7/11) längst überfällig. In diesem hatte der Senat die Regelung des § 59a Abs. 1 BRAO, nach der sich Rechtsanwälte allein mit Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammenschließen dürfen, insoweit für verfassungswidrig erklärt, als er Rechtsanwälten eine solche Berufsausübung mit Ärzten oder Apothekern im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft untersagt (ZAP 16/2017, S. 837, 839). Angesichts des eng gefassten Tenors der Entscheidung – nur in diesem Rahmen kommt dem Beschluss Gesetzeskraft zu (§ 31 BVerfGG) – besteht für die Praxis weiter Unsicherheit darüber, inwiefern die interprofessionelle Zusammenarbeit darüber hinaus zulässig ist, ob Anwälten also auch die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen wie Architekten und Ingenieuren und in anderen Rechtsformen wie etwa der Partnerschaftsgesellschaft einzuräumen ist (dazu Henssler/Deckenbrock AnwBl 2016, 211, 212 ff.).

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat nun am 14.12.2017 durch seinen Berufsrechtsausschuss im Rahmen einer sog. Initiativstellungnahme einen konkreten Vorschlag zur Änderung des § 59a BRAO vorgelegt (abrufbar unter https://anwaltverein.de/de/newsroom/sn-58-17-sn-58-17-dav-fordert-erweiterte-moeglichkeiten-fuer-inte-76169, letzter Abruf: 8.1.2018). In diesem spricht sich der DAV dafür aus, die Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer verkammerter Freiberufe (u.a. Ärzten, Zahnärzten, Apothekern, Architekten, Ingenieuren), mit regulierten Freiberuflern (zertifizierten Mediatoren i.S.d. § 5 Abs. 2 MediationsG), aber auch mit nicht regulierten Freiberuflern und Gewerbetreibenden (beratenden Volks- und Betriebswirten, d.h. Unternehmensberatern, Finanzdienstleistern, Versicherungsagenten sowie hauptberuflichen Sachverständigen) zuzulassen. Gleichzeitig soll durch Änderungen des § 203 StGB und des § 53a StPO eindeutig klargestellt werden, dass Verschwiegenheitspflicht, Zeugnisverweigerungsrecht und Beschlagnahmeverbot auch für die Angehörigen anderer Berufe gelten, mit denen sich ein Rechtsanwalt zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden hat, soweit diese in Mandaten des Rechtsanwalts mitarbeiten oder von dem Geheimnis aufgrund der gemeinsamen Berufsausübung anderweitig Kenntnis erlangen.

Der Entwurfsvorschlag des DAV-Berufsrechtsausschusses darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Erweiterung der Möglichkeiten einer interprofessionellen Zusammenarbeit nur ein Mosaikstein im Rahmen einer groß angelegten Reform des anwaltlichen Gesellschaftsrechts, wenn nicht sogar des gesamten (Personen-)Gesellschaftsrechts, sein kann. Der Gesetzgeber muss zudem den Beschluss des BVerfG vom 14.1.2014 (Az. 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12; BGBl I, S. 111) umsetzen, nach dem in der Anwalts-GmbH die zugunsten der Anwälte bestehenden Mehrheitserfordernisse (im Hinblick auf die Geschäftsanteile und Stimmrechte sowie auf die verantwortliche Führung der Gesellschaft und die Mehrheit der Geschäftsführer, vgl. §§ 59e Abs. 2 S. 1, 59f Abs. 1 S. 1 und 2 BRAO) ebenfalls verfassungsrechtlich nicht haltbar sind. Darüber hinaus sollte die Reform die vollständige berufsrechtliche Anerkennung der Berufsausübungsgesellschaft mit rechtsformneutralen Regelungen zur Zulassung, zur Postulationsfähigkeit und zur berufsrechtlichen Verantwortlichkeit zum Ziel haben (zu Einzelheiten Deckenbrock AnwBl 2014, 118 ff.; Henssler AnwBl 2017, 378 ff.).

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