Kündigt der Revisionsanwalt nach Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde das Mandat, weil er dem Rechtsmittel aufgrund einer inhaltlich zutreffenden Begutachtung keine Erfolgsaussichten beimisst und darum die von dem Mandanten gewünschte Begründung und Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde ablehnt, soll er nach einer Entscheidung des IX. Zivilsenats des BGH seinen Vergütungsanspruch gegen den Mandanten auch dann nicht verlieren, wenn der Mandant einen weiteren Anwalt mit der Durchführung des Revisionsverfahrens beauftragt und für diesen dieselben Gebühren erneut anfallen (BGH, Versäumnisurt. v. 16.2.2017 – IX ZR 165/16, ZAP EN-Nr. 462/2017).
Entsprechendes hatte der Senat zuvor für den Fall entschieden, dass der Rechtsanwalt aufgrund der von ihm auftragsgemäß vorzunehmenden, inhaltlich zutreffenden Rechtsprüfung die Begründung einer Berufung, die nach Kündigung des Mandats durch den Mandanten von einem anderen Anwalt vorgenommen wird, ablehnt (BGH, Urt. v. 26.9.2013 – IX ZR 51/13).
Diese Rechtsprechung überzeugt nicht (ausführlich dazu Deckenbrock JZ 2017, 848 ff.; s. aber Baumert MDR 2017, 1337 ff., der dem BGH zwar nicht in der Begründung, aber im Ergebnis folgt). Insoweit ist zu beachten, dass nach § 15 RVG grundsätzlich eine Gebühr die gesamte Tätigkeit des Anwalts bis zur Erledigung der Angelegenheit abdeckt und auch bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags vollständig abrechenbar bleibt. Bei einem Anwaltswechsel fällt daher für den im Anschluss beauftragten Prozessbevollmächtigten die Verfahrensgebühr in voller Höhe erneut an. Eine solche Doppelzahlung darf den Mandanten aber richtigerweise nur dann treffen, wenn er das Mandat grundlos gekündigt oder aber die Kündigung des Anwalts provoziert hat. Legt dagegen der Prozessbevollmächtigte das Mandat ohne hinreichenden Grund nieder oder fordert er vertragswidrig die Kündigung des Mandatsvertrags durch den Mandanten heraus, ist der Vergütungsanspruch des Anwalts nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB um die für den zweiten Prozessvertreter nochmals anfallenden Kosten zu kürzen. Die Rechtsprechung des BGH übersieht insoweit, dass der Anwalt – trotz seiner Stellung als Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) – in erster Linie Interessenvertreter des Mandanten (vgl. § 3 Abs. 1 BRAO) ist. Nicht ihm, sondern dem Mandanten obliegt die Entscheidung, ob er ein Rechtsmittelverfahren durchführen möchte oder nicht. Zwar muss der Anwalt seinen Auftraggeber eingehend über die damit verbundenen Risiken belehren, letztlich ist es aber allein Sache des das Prozessrisiko tragenden Mandanten, unvernünftige oder unwirtschaftliche Prozesse zu führen. Im Übrigen lässt sich ex ante der Erfolg eines Rechtsmittels abschließend nicht beurteilen, es überrascht daher, dass der Senat in seinem Urteil auch auf den tatsächlichen Misserfolg des vom zweiten Anwalt weiter verfolgten Rechtsmittels abstellt. Ein Grund zur Mandatsniederlegung ohne kostenrechtliche Nachteile besteht für den Anwalt nur in engen Grenzen, etwa wenn der Mandant vom Anwalt beharrlich ein (berufs-)rechtswidriges Vorgehen verlangt.