Der Gesetzgeber hat in Abgrenzung zum allgemeinen Werkvertrag (§ 631 BGB) in den §§ 650a–h BGB ein Sonderrecht für Bauverträge geschaffen.
1. Legaldefinition
Nach der Legaldefinition in § 650a Abs. 1 S. 1 BGB ist ein Bauvertrag ein Vertrag über
- die Herstellung,
- die Wiederherstellung,
- die Beseitigung oder
- den Umbau
eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon.
Bauwerk ist eine unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material mit dem Erdboden hergestellte und mit ihm nicht nur vorübergehend verbundene Sache. Außenanlagen sind Grundstücksflächen, die durch Erd-, Pflanz-, Rasen-, Saat-, landschaftsgärtnerische Entwässerungs- und vegetationstechnische Arbeiten besonders gestaltet werden. Herstellung ist die Errichtung einer baulichen Anlage. Bei einer Wiederherstellung werden auf noch vorhandenen Bau- oder Anlageteilen die zerstörten Teile wiederhergestellt. Beseitigung sind Abbruch-, aber auch Rückbauarbeiten. Und Umbau ist die Umgestaltung eines vorhandenen Objekts mit wesentlichen Eingriffen in die Konstruktion oder den Bestand.
Hinweis:
Ein Vertrag über die Instandhaltung eines Bauwerks (im Sinne von Maßnahmen zur Wiederherstellung des zum bestimmungsgemäßen Gebrauchs geeigneten Zustands, sofern dies kein Wiederaufbau ist) – nicht einer Außenanlage – ist nach § 650a Abs. 2 BGB ein Bauvertrag, wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von „wesentlicher Bedeutung“ ist.
2. Anwendbare Regelungen
Für den Bauvertrag gelten gem. § 650a Abs. 1 S. 2 BGB ergänzend, d.h. neben den allgemeinen werkvertraglichen Vorschriften in den §§ 631–650 BGB, die Regelungen des Kapitels 2 (§§ 650a–h BGB).
3. Einvernehmliche Vertragsänderung
Wenn der Besteller
begehrt (Änderungsbegehren), trifft die Vertragsparteien zunächst die Verpflichtung, Einvernehmen anzustreben (Einigungsbemühungen) über
- die Änderung selbst und
- die infolge der Änderung zu leistende Mehr- oder Mindervergütung,
bevor der Besteller von seinem einseitigen Anordnungsrecht (§ 650b Abs. 2 BGB, vgl. im Folgenden unter 4.) – was ein erhebliches Konfliktpotential in sich birgt – Gebrauch machen kann.
Der Unternehmer hat als Grundlage der Einigung gem. § 650b Abs. 1 S. 2 BGB ein Angebot über die Mehr- oder Mindervergütung zu erstellen. Im Falle einer Änderung nach § 650b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB gilt dies jedoch nur, wenn ihm die Ausführung der Änderung „zumutbar“ ist.
Unzumutbarkeit kann sich aus den technischen Möglichkeiten, der Ausstattung und der Qualifikation des Unternehmers bzw. aus betriebsinternen Vorgängen (z.B. Personalausstattung, fachliches Können oder geräte- und maschinentechnische Ausstattung) ergeben. Sie ist unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien zu ermitteln und liegt unterhalb der Schwelle des allgemeinen Leistungsverweigerungsrechts wegen Unzumutbarkeit (§ 275 Abs. 2, 3 BGB). Macht der Unternehmer betriebsinterne Vorgänge für eine Unzumutbarkeit nach § 650b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB geltend, trifft ihn gem. § 650b Abs. 1 S. 3 BGB die Beweislast hierfür.
Hinweis:
Trägt der Besteller die Verantwortung für die Planung des Bauwerks oder der Außenanlage (weil er damit z.B. schon bei der Grundbeauftragung einen Architekten betraut hat), ist der Unternehmer nach § 650b Abs. 1 S. 4 BGB nur dann zur Erstellung eines Angebots über die Mehr- oder Mindervergütung verpflichtet, wenn der Besteller die für die Änderung erforderliche Planung vorgenommen und dem Unternehmer zur Verfügung gestellt hat.
Begehrt der Besteller eine Änderung, für die dem Unternehmer nach § 650c Abs. 1 S. 2 BGB kein Anspruch auf Vergütung für vermehrten Aufwand zusteht (vgl. unter 5.), streben die Parteien gem. § 650b Abs. 1 S. 5 BGB nur Einvernehmen über die Änderung an – der Unternehmer ist jedoch nicht verpflichtet, ein Angebot über die Mehr- oder Mindervergütung zu erstellen.
4. Einseitiges Anordnungsrecht
Erzielen die Parteien binnen 30 Tagen nach Zugang des Änderungsbegehrens des Bestellers beim Unternehmer keine Einigung nach § 650b Abs. 1 BGB (s. oben 3.), kann der Besteller gem. § 650b Abs. 2 S. 1 BGB in Textform (§ 126b BGB) die Änderung anordnen (Vertragsänderung). Der Unternehmer ist nach § 650b Abs. 2 S. 2 BGB verpflichtet, der (einseitigen) Anordnung des Bestellers nachzukommen (Ausführungspflicht) – einer Anordnung nach § 650b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB jedoch nur, wenn ihm die Ausführung „zumutbar“ ist, wofür er die Beweislast trägt.
5. Vergütungsanpassung bei einer Anordnung nach § 650b Abs. 2 BGB
Die Höhe des Vergütungsanspruchs für den infolge einer Anordnung nach § 650b Abs. 2 BGB vermehrten oder verminderten Aufwand (s. oben 4.) ist, um spekulativ kalkulierten Baupreisen entgegenzuwirken, gem. § 650c Abs. 1 S. 1 BGB nach den
- tatsächlich erforderlichen Ist-Kosten mit
- „angemessenen“ Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn
(und nicht nach den Vertragspreisen) zu ermitteln. Umfasst die Leistungspflicht des Unternehmers auch die Planung des Bauwerks od...