Beschränkt der Schuldner seinen Widerspruch auf einen der Rechtsgründe des § 174 Abs. 2 InsO, ist das Bestehen der Forderung unbestritten, die Herleitung aus dem Rechtsgrund aber streitig (Graf-Schlicker, in: Graf-Schlicker, a.a.O., § 184 Rn 5). Die Frage, ob die Forderung tatsächlich aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, einer vorsätzlich pflichtwidrig verletzten gesetzlichen Unterhaltspflicht oder aus einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Steuerstraftat stammt, ist nicht im Insolvenzverfahren, sondern im Rahmen einer Feststellungsklage vor den Zivilgerichten zu klären (BVerwG, Beschl. v. 12.4.2013 – 9 B 37.12, ZVI 2013, 263; BGH, Beschl. v. 2.12.2010 – IX ZB 271/09, ZInsO 2011, 44). Nichts anderes gilt auch dann, wenn sowohl die öffentlich-rechtliche Forderung als solche als auch das Attribut der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung bestritten sind (AG Göttingen, Urt. v. 12.2.2013 – 21 C 121/12, ZVI 2013, 197). In diesem Fall beschränkt sich der Feststellungsstreit nur noch auf die Feststellung dieses Haftungsgrunds gegen den Schuldner. Der Gläubiger kann sofort auf Feststellung klagen, dass die angemeldete Forderung begründet ist (OLG Rostock v. 13.6.2005 – 3 U 57/05, ZInsO 2005, 1175 ff.).
Während grundsätzlich die Feststellungsklage (§ 179 InsO) spätestens bis zum Ende der Ausschlussfrist des § 189 Abs. 1 InsO zu erheben ist, gilt diese Frist nach herrschender Meinung nicht für die Beseitigung eines isolierten Widerspruchs des Schuldners gegen die Deliktseigenschaft einer Forderung (BGH, Beschl. v. 3.4.2014 – IX ZB 93/13, ZInsO 2014, 1055, 1056 Rn 13). Die Feststellungsklage kann auch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens erhoben werden.
Für den Streitwert dieser Klage gilt die Vorschrift des § 182 InsO. Der Zweck dieser Vorschrift, den Feststellungsstreit bezahlbar zu machen, gilt auch für die in § 302 InsO genannten Forderungen (OLG München, Beschl. v. 11.11.2004 – 31 W 2640/04, ZInsO 2004, 1318).
Praxishinweise:
- Der Gläubiger ist indes nicht verpflichtet, gegen den isolierten Widerspruch des Schuldners im Wege der Feststellungsklage vorzugehen. Er kann sich auch auf die Vollstreckung in das Vermögen des Schuldners nach dem Ende der Abtretungsfrist beschränken.
- Demgegenüber kann sich der Schuldner mit der Vollstreckungsgegenklage zur Wehr setzen (BGH, Urt. v. 18.5.2006 – IX ZR 187/04, ZInsO 2006, 704 ff.). Diese späte Verteidigungsmöglichkeit des Schuldners macht noch einmal deutlich, wie wichtig es für den Gläubiger aus Beweisgründen ist, bereits frühzeitig die Deliktseigenschaft seiner Forderung festzustellen zu lassen (s. Hinweis unter III. 3. a bb).
Autor: Professor Dr. Heinz Vallender, Universität zu Köln
ZAP F. 14, S. 91–98