I. Einführung
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners können dessen Gläubiger ihre Forderungen nur noch nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen (§ 87 InsO). Der Gesetzgeber hat hierzu ein formalisiertes Verfahren der Forderungsanmeldung und Forderungsprüfung eingeführt, damit schnell und sicher feststellbar ist, wer als Gläubiger am Insolvenzverfahren beteiligt ist und Rechte geltend machen kann (Laroche, in: Vallender/Undritz, Praxis des Insolvenzrechts, 2. Aufl. 2017, § 2 Rn 96). Wer sich an diesem Verfahren nicht beteiligt, unterliegt zwar dessen Rechtswirkungen, nimmt aber an der Verteilung nicht teil (BGH v. 24.10.1978 – VI ZR 67/77, NJW 1979, 162; Sinz, in: Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl. 2015, § 174 Rn 1). Maßgeblich für das Anmeldungs- und Feststellungsverfahren sind die §§ 174 ff. InsO.
II. Forderungsanmeldung und -prüfung
1. Anmeldeberechtigung
Zur Anmeldung von Forderungen in einem Insolvenzverfahren sind nur die Insolvenzgläubiger berechtigt, d.h. die persönlichen Gläubiger des Schuldners, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 InsO). Gesamtschuldner und Bürgen können ihre Forderung zur Insolvenztabelle anmelden, wenn sie den Gläubiger vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens voll befriedigt haben und deshalb bei dem Haupt- bzw. Mitschuldner aus dem jeweiligen Innenverhältnis oder aus übergegangenem Recht Regress nehmen können, §§ 426 Abs. 1 S. 2, 774 Abs. S. 1 BGB (Sinz, in: Uhlenbruck, § 174 Rn 11). Nachrangige Gläubiger (§ 39 InsO) sind nur anmeldeberechtigt, wenn sie ausdrücklich zur Anmeldung aufgefordert wurden (§ 174 Abs. 3 InsO).
Einer Titulierung der Forderung bedarf es nicht. Allein die Anmeldung ihrer Forderungen zur Insolvenztabelle (§ 174 InsO) ermöglicht den Gläubigern die Durchsetzung ihrer Vermögensansprüche gegen den Schuldner im Insolvenzverfahren (BGH, Beschl. v. 3.4.2014 – IX ZB 93/13, ZIP 2014, 1185; Urt. v. 21.2.2013 – IX ZR 92/12, NZI 2013, 388). Erhebt der Gläubiger gleichwohl Klage gegen den Schuldner, ist diese unzulässig, weil dem Schuldner die passive Prozessführungsbefugnis und dem Gläubiger das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (BGH, Beschl. v. 11.12.2008 – IX ZB 232/08, ZIP 2009, 240, 241 Rn 7). Die Geltendmachung einer Insolvenzforderung außerhalb des Insolvenzverfahrens wird auch nicht dadurch zulässig, dass der Gläubiger ausdrücklich auf die Teilnahme am Verfahren verzichtet (Breitenbücher, in: Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl. 2014, § 87 Rn 1 m.w.N.).
Aus- und Absonderungsberechtigte sowie Masse- oder Neugläubiger unterliegen nicht der Durchsetzungssperre des § 87 InsO. Absonderungsberechtigte können ihre Forderung zur Insolvenztabelle anmelden, soweit ihnen der Schuldner persönlich haftet (§ 52 S. 1 InsO). Allerdings ist die verhältnismäßige Befriedigung auf den Ausfall bei der abgesonderten Befriedigung beschränkt. Da aufrechnungsbefugte Gläubiger (§§ 94, 95 InsO) die Möglichkeit der Befriedigung außerhalb des Insolvenzverfahrens haben, sind sie nicht zur Forderungsanmeldung berechtigt.
2. Anmeldung beim Insolvenzverwalter
Die Anmeldung der Forderung hat schriftlich beim Insolvenzverwalter, dem zunächst die Führung der Insolvenztabelle nach § 175 InsO obliegt, zu erfolgen (§ 174 Abs. 1 S. 1 InsO). Sie ist auch dann erforderlich, wenn dem Insolvenzverwalter das Bestehen der Forderung bereits bekannt ist und er die Forderung in das von ihm gem. § 152 InsO zu führende Gläubigerverzeichnis aufgenommen hatte (Voigt-Salus, in: Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, 2. Aufl. 2010, Kap. 28 Rn 4). Eine irrtümlich an das Insolvenzgericht gerichtete Forderungsanmeldung ist unwirksam. Im Regelfall wird das Gericht die Anmeldung an den Insolvenzverwalter weiterleiten. Ein Anspruch hierauf besteht allerdings nicht. Eine nicht oder verspätet weitergeleitete Forderungsanmeldung kann Auswirkungen auf die Hemmung der Verjährung der Forderung haben (vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB).
Praxishinweis:
Aus diesem Grund ist Gläubigern dringend zu empfehlen, die Forderungsanmeldung unmittelbar an den Insolvenzverwalter zu richten. Bleibt ein Insolvenzverwalter nach nicht bestrittenem Vorbringen des Gläubigers gänzlich untätig und trägt er eine angemeldete titulierte Forderung entgegen § 175 Abs. 1 S. 1 InsO nicht einmal in die Tabelle ein, ist der Gläubiger der Forderung zur Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Insolvenzverwalter befugt (BAG, Beschl. v. 28.8.2013 – 5 AZN 426/13 (F), ZInsO 2013, 2456).
3. Form und Inhalt
Die Forderungsanmeldung hat schriftlich in deutscher Sprache (vgl. § 184 GVG) zu erfolgen (§ 174 Abs. 1 InsO). Die Übermittlung per Telefax genügt diesen Anforderungen (vgl. BGH, Beschl. v. 15.7.2008 – X ZB 8/08, NJW 2008, 2649). Der Anmeldung sind die Unterlagen, aus denen sich die Forderung ergibt, im Abdruck beizufügen (§ 174 Abs. 1 S. 2 InsO) – eine Vorlage der Originalunterlagen ist nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 1.12.2005 – IX ZR 95/04, ZIP 2006, 192).
Praxishinweis:
Bestreitet indes der Insolvenzverwalter die Forderung unter Hinweis darauf, dass er deren Berechtigung nicht hinreichen...