Eine Ersatzzustellung kann nicht an eine Person bewirkt werden, die durch die dem Angeklagten vorgeworfene Straftat selbst unmittelbar verletzt ist (KK-Maul, § 37 Rn 11). Damit scheidet etwa die Zustellung eines Strafbefehls an den durch eine im Rahmen einer häuslichen Auseinandersetzung begangene Körperverletzung geschädigten Ehepartner aus.
Ausgeschlossen ist diese Form der Ersatzzustellung auch, wenn der Wohnungsinhaber über einen längeren Zeitraum hinweg abwesend ist, so etwa bei
- längerem beruflichen Auslandsaufenthalt,
- Strafhaft,
- Untersuchungshaft,
- Wehrdienst oder
- stationärem Aufenthalt in einer Therapieanstalt (OLG Frankfurt NStZ 2003, 174).
Erst recht ausgeschlossen ist eine Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, wenn die Wohnung aufgegeben wird. Hierfür genügt jedoch das Vorhandensein eines bloßen Aufgabewillens nicht; vielmehr muss in dem gesamten Verhalten des Betroffenen – für einen mit den Verhältnissen vertrauten Beobachter erkennbar (BGH NJW 1996, 2581) – zum Ausdruck kommen, dass er seinen bisherigen Lebensmittelpunkt verlegen will.
a) Geschäftsräume/Gemeinschaftseinrichtungen
Darüber hinaus erlaubt § 178 Abs. 1 ZPO Ersatzzustellungen in Geschäftsräumen an dort beschäftigte Personen (Nr. 2) und in Gemeinschaftseinrichtungen (Nr. 3) an deren Leiter oder dessen dazu ermächtigten Vertreter. Gemeinschaftseinrichtungen in diesem Sinne sind u.a. Krankenhäuser, Alten- bzw. Pflegeheime, Asylbewerberunterkünfte, Wohnheime oder Kasernen.
Hinweis:
Bevor an die Leitung der Einrichtung zugestellt wird, muss jedoch immer versucht werden, den Empfänger dort persönlich anzutreffen. Es ist unzulässig, das Schriftstück ohne vorherigen Kontaktaufnahmeversuch mit dem Empfänger an der Pforte abzugeben, selbst wenn die dort tätigen Beschäftigten von der Heimleitung mit der Entgegennahme von Post beauftragt sind.
b) Urlaubsabwesenheiten
Ist der Empfänger nur für einen kürzeren Zeitraum, etwa für eine Urlaubsreise, und nicht längerfristig abwesend, berührt dies die Wirksamkeit einer Ersatzzustellung nicht. Die Frist beginnt ab der (Ersatz-)Zustellung zu laufen, und der Empfänger kann sich nicht darauf berufen, er sei zu diesem Zeitpunkt ortsabwesend gewesen. Stattdessen muss er in solchen Fällen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Hierbei dürfen dann aber keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden. Es gilt insoweit der Grundsatz, dass derjenige, der sich nur vorübergehend nicht an seinem Wohnort aufhält, keine Vorkehrungen dafür treffen muss, dass ihn Zustellungen innerhalb der Rechtsmittelfristen erreichen (so schon BVerfG NJW 1969, 1531). Auch die Kenntnis von laufenden Ermittlungen führt insoweit nicht zu gesteigerten Sorgfaltspflichten, es sei denn der Empfänger hat mit Zustellungen zu rechnen, vor allem mit der eines Urteils (KK-Cirener, § 44 Rn 23).
c) Einlegen in den Briefkasten
Scheitert eine Zustellung nach § 178 ZPO, kann das Schriftstück gem. § 180 ZPO durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt werden. Hierzu wird das Schriftstück in einen sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindlichen, insbesondere nicht überquellenden (Prütting/Gehrlein, ZPO, 8. Aufl. 2016, § 180 Rn 2) Briefkasten eingelegt. Die Zugehörigkeit zur Wohnung bzw. zum Geschäftsraum muss durch Beschriftung oder den Ort der Anbringung erkenntlich sein (Prütting/Gehrlein, a.a.O.). Eine gemeinschaftliche Nutzung eines Briefschlitzes in einem von einem überschaubaren Personenkreis bewohnten Mehrfamilienhaus ist unschädlich (OLG Frankfurt NStZ-RR 2010, 349).