a) Beschwerdefähigkeit
Jedermann kann die Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, in einem seiner Grundrechte oder grundrechtsähnlichen Rechte durch die öffentliche Gewalt verletzt worden zu sein, § 90 Abs. 1 BVerfGG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG. Jeder Grundrechtsträger bzw. Träger eines grundrechtsähnlichen Rechts kann die Verletzung dieser Rechte durch die öffentliche Gewalt rügen (BVerfGE 21, 362, 367).
Praxishinweis:
Ausländer sind nur insoweit beschwerdebefugt, als sie eine Verletzung von Menschenrechten rügen. Hinsichtlich der Verletzung von Bürgerrechten können nur deutsche Staatsbürger Verfassungsbeschwerde erheben. Ausländer können sich allerdings insoweit subsidiär auf die allgemeine Handlungsfreiheit berufen, Art. 2 Abs. 1 GG (BVerfGE 78, 179, 196 f.).
Auch Ungeborene und Verstorbene können unter bestimmten Voraussetzungen beschwerdefähig sein. Der Nasciturus ist beschwerdefähig, soweit Grundrechte gem. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 S. 1, 14 Abs. 1 GG verletzt sind. Der Tod eines Beschwerdeführers wirkt sich in Abhängigkeit von der Art des angegriffenen Hoheitsakts aus (BVerfGE 6, 389, 442). Für Verstorbene ist deren Persönlichkeitsrecht erloschen, das Recht auf Menschenwürde besteht aber fort (BVerfGE 30, 173, 196 f.). Grundsätzlich gilt aber, dass die Verfassungsbeschwerde ein Rechtsbehelf zur Verteidigung eigener subjektiver Rechte ist (BVerfGE 15, 298, 301).
Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Im Grundsatz ist von einer möglichen Grundrechtsfähigkeit der juristischen Personen auszugehen (BVerfGE 51, 362, 368 f.; 53, 366, 386). Als verletzte Grundrechte kommen für juristische Personen insbesondere Art. 2, 3, 4, 5, 9 Abs. 3, 12 Abs. 1 u. 14, 9 Abs. 4 S. 1, 101 Abs. 1 S. 2 und 103 Abs. 1 GG in Betracht.
Hinweis:
Die Grundrechte dienen vorrangig dem Schutz der Freiheitssphäre des einzelnen Menschen als natürliche Person gegen Eingriffe der staatlichen Gewalt. Die Grundrechtsfähigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ist vor diesem Hintergrund grundsätzlich dann zu verneinen, wenn diese öffentliche Aufgaben wahrnimmt. Juristische Personen des Privatrechts müssen ihre Grundrechtsfähigkeit in einer Verfassungsbeschwerde jedenfalls dann näher darlegen, wenn es aufgrund der äußeren Umstände naheliegt, dass sie von der öffentlichen Hand beherrscht werden oder öffentliche Aufgaben wahrnehmen (BVerfG, Beschl. v. 2.11.2015 – 1 BvR 1530/15, 1 BvR 1531/15).
In der Vergangenheit waren nach der Rechtsprechung ausländische juristische Personen nur für eine Rüge der Verletzung von Verfahrensgrundrechten beschwerdefähig. Im Jahre 2011 hat das Bundesverfassungsgericht mit der Cassina-Entscheidung eine Ausnahme für juristische Personen mit Sitz in der EU gemacht (BVerfGE 129, 78, 95 ff.).
Beispiele:
- Universitäten und Fakultäten können sich auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG berufen (BVerfGE 39, 302, 314).
- Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk steht Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zur Seite (BVerfGE 64, 256, 259).
- Aus der Sonderstellung der Kirchen (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV) ergibt sich deren Grundrechtsfähigkeit (BVerfGE 21, 362, 364).
b) Prozessfähigkeit
Im BVerfGG finden sich keine ausdrücklichen Regelungen zur Prozessfähigkeit. Daher ist zunächst auf die allgemeinen Regeln zurückzugreifen. Wegen der besonderen Eigenart von verfassungsgerichtlichen Verfahren können die entsprechenden Bestimmungen anderer Verfahrensgesetze, insbesondere die §§ 51 ff. ZPO (aber) nicht ohne Weiteres entsprechend angewandt oder der ihnen zugrunde liegende Rechtsgedanke allgemein auf das Verfassungsbeschwerdeverfahren übertragen werden (BVerfGE 28, 243, 244). Probleme tauchen vor allem dann auf, wenn Minderjährige oder Geschäftsunfähige Beschwerdeführer sind. Einem Minderjährigen kann nach der Rechtsprechung der Zugang zum Bundesverfassungsgericht nicht versagt werden, wenn der gesetzliche Vertreter zu einer entsprechenden Verfassungsbeschwerde nicht willens oder in der Lage ist (BVerfGE 2, 130, 134). Geschäftsunfähige können mit einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Betreuung vorgehen, sofern das Vorliegen einer Geschäftsunfähigkeit bestritten wird (vgl. BVerfGE 10, 302, 306).
c) Beschwerdebefugnis
Die Beschwerdebefugnis beschreibt das subjektive Element einer Verfassungsbeschwerde als Form des individuellen Rechtsschutzes. Sie ist gegeben, wenn ein Beschwerdeführer die Verletzung eigener Rechte geltend macht oder ein Dritter ein fremdes Recht in eigenem Namen zulässigerweise geltend machen kann. Die Geltendmachung durch rechtswegfremde Personen als rein gewillkürte Prozessstandschaft ist unzulässig (BVerfGE 56, 296, 297). Beschwerdebefugt sind allerdings Parteien kraft Amtes, z.B. der Insolvenzverwalter (BVerfGE 65, 182, 190), Testamentsvollstrecker (BVerfGE 21, 139, 143), Nachlasskonkursverwalter (BVerfGE 27, 326, 333) oder Gesamtvollstreckungsverwalter (BVerfGE 95, 267, 299).
Das Bundesverfassungsgericht hat zur Beschwerdebefugnis ausgeführt, dass ein Beschwerdeführer selbst, gegenwärt...