Unter den Voraussetzungen des § 141a StPO n.F. dürfen Vernehmungen und Gegenüberstellungen ausnahmsweise schon vor der Bestellung eines Verteidigers durchgeführt werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr für Leib und Leben oder für die Freiheit einer Person dringend erforderlich oder zur Abwendung einer erheblichen Gefährdung eines Strafverfahrens zwingend geboten sind. Von einer solchen erheblichen Gefährdung soll nach der Gesetzesbegründung auszugehen sein, wenn die Vernichtung von Beweismitteln oder die Beeinflussung von Zeugen droht oder nur so die Flucht eines Mitbeschuldigten verhindert werden kann.
Hat der Beschuldigte gem. § 141 Abs. 1 StPO n.F. einen Beiordnungsantrag gestellt, bedarf die Durchführung der Vernehmung/Gegenüberstellung darüber hinaus auch seines ausdrücklichen Einverständnisses.
Hinweis:
Die Ausnahmevorschrift des § 141a StPO n.F. erlaubt freilich lediglich die Vernehmung eines aussagebereiten Beschuldigten. Sein allgemeines Schweigerecht bleibt unberührt.
Ebenso unberührt bleibt, dies bestimmt § 141a S. 2 StPO n.F. ausdrücklich, das Recht des Beschuldigten, schon vor der Vernehmung einen von ihm gewählten Verteidiger zu befragen. Erklärt er also, bereits vor der Vernehmung einen (Wahl-)Verteidiger befragen zu wollen, darf ihm dies nicht verwehrt werden.
Gleichwohl erscheint § 141a StPO n.F. nicht unbedenklich. Es ist schwerlich vorstellbar, dass ein Beschuldigter, der zuvor ausdrücklich die Beiordnung eines Verteidigers beantragt hat, plötzlich damit einverstanden sein soll, sich doch vernehmen zu lassen, zumal in einer solchen Vernehmung bereits entscheidende Weichen für den späteren Ausgang des Verfahrens gestellt werden können.
Diese Problematik hat wohl auch der Gesetzgeber gesehen und betont, dass es sich um eine eng auszulegende Ausnahmeregelung handele. Zudem sei die Bestellung eines Verteidigers im Wege der Eilzuständigkeit der StA gem. § 142 Abs. 4 StPO n.F. (s.u. III 3 b) vorrangig.
Zu dieser an die Praxis gerichteten Mahnung passt es allerdings nicht recht, wenn die Gesetzesbegründung zugleich hervorhebt, dass ein Verstoß grds. nicht zu einem Verwertungsverbot führen soll. Ein solches könne sich nur bei schwerwiegenden, bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen werden, ergeben (BT-Drucks 19/13829, S. 40).