Nach dem Verständnis des BFH ist nicht jeder Gesellschafter einer Personengesellschaft automatisch Mitunternehmer i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG (st. Rspr., vgl. BFH, Beschl. v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl II, S. 1984, 751). Mitunternehmer seien nämlich nur solche Gesellschafter, die Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten. Beide Voraussetzungen müssen dabei kumulativ vorliegen, können sich aber gegenseitig kompensierend ergänzen. Eine nur sehr schwach ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kann durch ein stärker ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko ausgeglichen werden.
Mitunternehmerrisiko trägt, wer an Erfolg und Misserfolg sowie den stillen Reserven der Gesellschaft beteiligt ist (BFH, Urt. v. 28.10.1999 – VIII R 66-70/97, BStBl II 2000, S. 183 m.w.N.). Letzteres äußert sich meist dahingehend, dass dem Gesellschafter ein Abfindungs- oder Auseinandersetzungsanspruch für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft zusteht. Mitunternehmerinitiative entfaltet, wer zur Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen berechtigt ist, also wem Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse sowie Stimmrechte eingeräumt sind.
Am plastischsten werden die Voraussetzungen, wenn man die typische Stille Beteiligung (§§ 230 ff. HGB) betrachtet. Diese vermittelt im Auseinandersetzungsfall nur einen Anspruch auf Rückgewähr der Einlage (§ 235 Abs. 1 HGB), weshalb keine mitunternehmerischen Einkünfte, sondern Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Ist der stille Gesellschafter neben einer Gewinnbeteiligung und einer auf seine Einlage beschränkten Verlustbeteiligung im Falle des Ausscheidens und der Liquidation an den stillen Reserven des Betriebsvermögens einschließlich des Zuwachses an dem Firmenwert beteiligt, steht seiner Mitunternehmerstellung nicht entgegen, dass seine Initiativrechte auf die des § 233 HGB beschränkt sind (BFH, Urt. v. 19.7.2018 – IV R 10/17, DStR 2018, 2372).
Ein Kommanditist ist grds. an den stillen Reserven beteiligt (vgl. §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 738 Abs. 1 S. 2 BGB), besitzt also Mitunternehmerrisiko. Da § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG die KG als Mitunternehmerschaft ansieht, reichen die nach dem gesetzlichen Leitbild der §§ 164 ff. HGB einem Kommanditisten zustehenden Stimm- und Kontrollrechte aus, um eine hinreichende Mitunternehmerinitiative zu bejahen (BFH, Urt. v. 21.10.2015 – IV R 43/12, BStBl II 2016, S. 517). Inwieweit Abweichungen vom Regelstatut zur Ablehnung der Mitunternehmerstellung führen, ist eine Frage des Einzelfalls. Reichen die Möglichkeiten eines Gesellschafters nicht aus, um Mitunternehmerinitiative zu entfalten und können diese Defizite auch nicht durch ein ungleich größeres Mitunternehmerrisiko ausgeglichen werden, so erzielt der Gesellschafter regelmäßig Einkünfte aus der entsprechenden Überschusseinkunftsart.
Zweifeln könnte man an der Mitunternehmerstellung der Komplementär-GmbH, die regelmäßig am Gesamthandvermögen nicht beteiligt wird und am Ergebnis nur mittels einer gewinnunabhängigen Haftungsvergütung beteiligt wird. Der BFH bejaht trotzdem im Hinblick auf die unbeschränkte Außenhaftung nach § 128 HGB und die Geschäftsführungs- und Vertretungskompetenz eine Mitunternehmerstellung (BFH, Urt. v. 25.4.2006 – VIII R 74/03, BStBl II 2006, S. 595). Neuerdings schränkt der VIII. Senat des BFH die Mitunternehmerstellung eines Gesellschafters trotz unbeschränkter Außenhaftung dann ein, wenn die Geschäftsführungsbefugnis begrenzt ist und statt einer Gewinnbeteiligung eine Beteiligung am eigenen Umsatz gewährt wird (BFH, Urt. v. 3.11.2015 – VIII R 63/13, DStR 2016, 726).