Auf die Ermittlung des Gewinns (Verlusts) der ersten Stufe folgt die Ermittlung der sog. Sondereinkünfte der Gesellschafter – sog. Gewinnermittlung zweiter Stufe.
Bei der Ermittlung der Sondereinkünfte ist zunächst davon auszugehen, dass eine Personengesellschaft zivilrechtlich zu ihren Gesellschaftern auch andere als gesellschaftsrechtliche Beziehungen haben kann. Eine OHG kann mit ihren Gesellschaftern Darlehens-, Miet- oder Pachtverträge sowie Arbeitsverträge abschließen. Bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung erster Stufe werden allgemein-schuldrechtliche Beziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter anerkannt. Das ist ein wesentlicher Unterschied zur früheren Bilanzbündeltheorie. Wenn die Gesellschaft aufgrund solcher Rechtsverhältnisse Vergütungen an die Gesellschafter zahlt, wirkt sich dies bei der Ermittlung des Gesellschaftsergebnisses gewinnmindernd aus.
Diese an die Gesellschafter gezahlten (und bei der Gesellschaft gewinnmindernd berücksichtigten) Vergütungen (Geschäftsführergehalt, Mietvergütung, Darlehenszinsen) sind nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG bei der Einkünfteermittlung den jeweiligen Gewinnanteilen der Gesellschafter wieder hinzuzurechnen. Das geschieht in der Weise, dass die Vergütungen als gewerbliche Einkünfte der Gesellschafter umqualifiziert werden, obwohl sie ihrer Art nach Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG), aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) oder aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) darstellen.
- Sonderbilanz, Sonderbetriebsvermögen:
Bei der Ermittlung der Sondereinkünfte sind die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften anzuwenden. Parallel zur Ermittlung des Gewinns der Personengesellschaft durch Betriebsvermögensvergleich findet auch bei der Ermittlung der Sondereinkünfte ein (Sonder-)Betriebsvermögensvergleich statt.
Zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters gehören Wirtschaftsgüter, die im Eigentum des Gesellschafters stehen und die dem Betrieb der Gesellschaft unmittelbar dienen. Darunter fallen insb. Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter der Gesellschaft zur betrieblichen Nutzung überlässt, sowie Forderungen eines Gesellschafters aus der Gewährung von Darlehen an die Gesellschaft. Gleichgültig ist, ob das Wirtschaftsgut der Gesellschaft entgeltlich oder unentgeltlich, freiwillig oder auf Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, schuldrechtlich (Miete, Pacht, Leihe) oder dinglich gesichert (Erbbaurecht, Nießbrauch) zur Verfügung gestellt wird. Diese Wirtschaftsgüter werden als Sonderbetriebsvermögen I bezeichnet.
Zum Sonderbetriebsvermögen gehören außerdem Wirtschaftsgüter, die unmittelbar der Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft dienen (Sonderbetriebsvermögen II). Dazu zählen v.a. die Anteile der Kommanditisten einer GmbH & Co. KG an der Komplementär-GmbH. Die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens sind in der Sonderbilanz des Gesellschafters zu erfassen. Gehören Gegenstände des Sonderbetriebsvermögens zu einem eigenen Gewerbebetrieb des Gesellschafters, so ist zu entscheiden, wo das Sonderbetriebsvermögen zu erfassen ist. Nach bisheriger BFH-Rechtsprechung (BFH, Urt. v. 18.5.1983 – I R 5/82, BStBI II 1983, S. 771) gilt ein Vorrang desjenigen Betriebs, in dem die Gegenstände eingesetzt werden; der Eigenbetrieb des Gesellschafters tritt also zurück. Anders verhält es sich nach der neueren BFH-Rechtsprechung (BFH, Urt. v. 23.4.1996 – VIII R 13/95, BStBI II 1998, S. 325) in der Konstellation einer sog. mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung oder bei personenidentischen Mitunternehmerschaften.
Im Rahmen der Ermittlung der Sondereinkünfte werden den Sonderbetriebseinnahmen (Arbeitsvergütungen, Mietzahlungen) die Sonderbetriebsausgaben gegenübergestellt. Sonderbetriebsausgaben sind Aufwendungen des Gesellschafters, die durch seine Sondervergütungen oder sein Sonderbetriebsvermögen oder seine Beteiligung an der Gesellschaft veranlasst sind, z.B. Fahrtkosten, Abschreibungen auf Wirtschaftsgüter des SBV, Fremdkapitalzinsen zur Finanzierung seiner Beteiligung.
- Gesamtgewinn der Gesellschaft:
Aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt sich, dass sich die Einkünfte eines Gesellschafters (Mitunternehmers) gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG aus mehreren Bestandteilen zusammensetzen. Das Ergebnis ist der Anteil des Gesellschafters (Mitunternehmers) am Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft. Nach Auffassung des BFH (Urt. v. 14.11.1985 – IV R 63/83, BStBI II 1986, S. 58) führt die geschilderte zweistufige Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft nicht zu einer Gesamtbilanz im technischen Sinne, ausreichend sei eine additive Gewinnermittlung. Die von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu erfassenden mitunternehmerischen Einkünfte seien die Summe der Ergebnisse der Steuerbilanz der Personengesellschaft als solcher zuzüglich der Sonderbilanzen der einzelnen Mitunternehmer.
Der Anteil des Gesellschafters am "Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft" umfasst außer dem Anteil des Gesellschafters am Gewinn (Verlust) der Gesellscha...