1. Der Standard
Gemäß Art. 22 Abs. 3 MÜ haftet der Luftfrachtführer bei Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung nur bis zu einem Betrag von 22 Sonderziehungsrechten (SZR) pro Kilogramm, es sei denn der Absender hat bei der Übergabe des Frachtstücks das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort betragsmäßig angegeben und vor Übergabe des Frachtstücks den verlangten Zuschlag entrichtet.
Das Sonderziehungsrecht (SZR) ist eine Währungseinheit des Internationalen Währungsfonds und wird taggenau berechnet. Die Umrechnung erfolgt am Tag der Verkündung des Urteils (vgl. Art. 23 Abs. 1 MÜ). Dementsprechend gilt für einen (außer)gerichtlichen Vergleich der Tag des Vergleichsschlusses.
Die Haftungsbegrenzung gilt für jedwede Art von Schäden (EuGH, Urt. v. 6.5.2010 – Rs. C-63/09, Walz./.ClickAir, NJW 2010, 2113 ff.).
2. Die höhere Haftung mittels Wertdeklaration
Bis zur Übergabe des Gutes kann der Absender dem Luftfrachtführer ein Angebot zum Abschluss einer Vereinbarung machen, eine 22 SZR je Kilogramm übersteigende Haftung zu vereinbaren (vgl. Art. 22 Abs. 3 MÜ). Mit Transportbeginn ist somit keine Wertdeklaration mehr möglich.
Ein bloßer Eintrag auf dem Luftfrachtbrief durch den Absender reicht damit nicht aus. Ein Kontrahierungszwang besteht nicht. Der Luftfrachtführer soll entscheiden können, zu welchem Preis ("Zuschlag") er einer Wertdeklaration zustimmt. Der Absender muss die Zahlung des Zuschlags dann noch einmal bestätigen.
3. Regelmäßige Überprüfung der Haftungshöchstbeträge
Die Haftungshöchstbeträge werden alle fünf Jahre überprüft (vgl. Art. 24 Abs. 1 MÜ). Dies dient insb. dazu, einer schleichenden Entwertung der Haftungshöchstbeträge durch eine fortschreitende Inflation vorzubeugen.
Die Entwicklung der Haftung |
1999: 17 SZR je Kilogramm |
2004: keine Änderung |
2009: Heraufsetzung auf 19 SZR je Kilogramm |
2014: keine Änderung |
2019: Heraufsetzung auf 19 SZR je Kilogramm |
4. Weitere Begrenzung des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten
Ist der Luftfrachtführer dem Empfänger wegen des Verlusts von vertretbaren Sachen unter Anwendung deutschen Rechts zum Schadensersatz verpflichtet, bemisst sich die Höhe des zu ersetzenden Schadens grds. nach den von dem Empfänger für die Wiederbeschaffung gleichwertiger Sachen aufzuwendenden Kosten (BGH, Urt. v. 3.7.2008 – I ZR 218/05). Er kann also nur Ersatz des Einkaufspreises verlangen, den er für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache zahlen müsste (BGH, Urt. v. 29.6.1965 – VI ZR 36/64, NJW 1965, 1756, 1757).
5. Keine Umgehung der Haftung nach dem MÜ
Ein Anspruch auf Schadenersatz kann, egal auf welchem Rechtsgrund er auch beruht, sei es das MÜ, vertraglicher oder außervertraglicher Art einschließlich etwaiger Ansprüche aus unerlaubter Handlung, nur unter den Voraussetzungen und mit den Beschränkungen geltend gemacht werden, die im MÜ vorgesehen sind (vgl. Art. 29 MÜ).
Art. 22 Abs. 3 MÜ gilt damit für jedwede Art von Pflichtverletzungen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.5.2018 – I-18 U 37/17; LG Darmstadt, Urt. v. 28.3.2014 – 14 O 124/13, TranspR 2014, 297).
6. Die Leute des Luftfrachtführers
Der Luftfrachtführer muss sich ein Verschulden seiner Leute zurechnen lassen (s. z.B. Artt. 16 Abs. 1, 17 Abs. 2, 18 Abs. 2 lit b., 19, 21 Abs. 2 lit a., 22 Abs. 5, 41 Abs. 1, 2 MÜ).
Hinweis:
Der Begriff der Leute ist autonom auszulegen und hat nichts mit dem Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen der §§ 278, 831 BGB zu tun.
Zu den Leuten des Luftfrachtführers zählen beispielhaft:
- Der Lagerhalter (OLG Frankfurt/M., Urt. v. 11.12.2009 – 5 U 23/09).
- Das Umschlagsunternehmen (OLG Frankfurt/M., NJW 1975, 1604).
- Das Versorgungspersonal (Reuschle, Montrealer Übereinkommen, 2. Aufl. 2011, Art. 30 Rn 6).
- Der Zollbeamte (BGH, Urt. v. 2.4.2009 – I ZR 61/06 zum WA1955, TranspR 2009, 317).
Es reicht also aus, dass die jeweilige (Dienst-)Leistung in einem räumlichen, zeitlichen und/oder sachlichen Zusammenhang mit der Durchführung einer Luftfrachtbeförderung steht.