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Nein, das ist kein Druckfehler. Sicher haben Sie schon von oder über E-Sport gelesen. E-Sport steht für elektronischen Sport, also das wettbewerbsmäßige Spielen auf Computern oder Konsolen. Auch Gaming genannt oder Progaming, wenn es professionell betrieben wird. Abgesehen von der viel diskutierten, hier aber nicht erörterten Frage, ob dies der Definition von Sport unterfallen sollte und damit das Zeug zur Gemeinnützigkeit hätte, bietet der E-Sport eine Menge neuer Herausforderungen aller Art.
Juristisch herausfordernd ist zum Beispiel die Tatsache, dass – anders als im analogen Sport – die Rechte an den Spielen und Events nicht bei einem Verband liegen, sondern entweder bei den Herstellern (Publishern), Franchisenehmern oder Veranstaltern. Deshalb kann jeder dieser Stakeholder im E-Sport seine Regeln im Grunde selbst festlegen oder ändern. Im analogen Jargon: Sowohl die Spiel(ausführungs)- als auch die Zulassungsregeln. Es bilden sich zwar inzwischen überregionale und auch internationale E-Sport-Verbände, doch mangels Rechte haben sie zweitrangige Bedeutung und können nur eine Repräsentations- und Mittlerrolle zwischen den Stakeholdern einnehmen.
Die Gameswirtschaft ist eine klassische Medienbranche. Deren Intellectual Property Rights sind über das Urheberrecht geschützt, wobei sich der Schutz nicht nur auf den eigenen schöpferischen Wert der audiovisuellen Bestandteile, sondern auch auf die Computerprogramme bezieht. Herausforderungen gibt es dadurch etwa im Handel mit "gebrauchter" Software oder im Bereich Piraten-Server, Bots und Keyseller.
Rein faktisch steht der E-Sport vor der Frage, wohin die Wertschöpfung durch die Gründung zahlreicher verschiedener Ligen führt. Er muss sicherstellen, dass die dadurch zunehmende vertikale Konzentration keinen negativen Effekt auf die Branche hat.
Die fortschreitende Professionalisierung des E-Sports gepaart mit den noch nicht etablierten Verbandsstrukturen erfordert dringend Rechtssicherheit. Das betrifft u.a. auch die Fragen bezüglich der Arbeitnehmer- und Persönlichkeitsrechte der Spieler*innen (v.a., wenn in ausländischen Clans beschäftigt), der Strafbarkeit von Gamingwetten, des Jugendschutzes, von Anti-Doping oder des Verbraucherschutzes, etwa aufgrund europarechtlicher Regulierung (Geoblocking-Verordnung, Portabilitäts-Verordnung, Digital-Content-Richtlinie). Ebenso gefragt ist ein einheitlicher Umgang mit technischen Manipulationen. Erst kürzlich wurde beispielsweise das gesamte chinesische Dota2-Team Newbee (5 Spieler) wegen Match-Fixings auf Dauer von den Veranstaltungen des US-amerikanischen Publishers Valve und von der China Dota2 Professional League und dem Chinesischen Dota2 Profi-Verband ausgeschlossen. Aber auch nur dort.
Vor allem ist der E-Sport ein extrem schnell wachsender Wirtschaftszweig, was selbst die Politik aufhorchen ließ. Er fand für die noch laufende Legislaturperiode Eingang in den Koalitionsvertrag, im Bundeshaushalt 2019 wurde gar ein 50 Millionen Euro schwerer "Deutscher Game-Fonds" eingerichtet. Soeben wurde der Medienrechtemarkt im E-Sport als "the hottest property in 2021" bezeichnet, weil sich die Publisher insb. aufgrund der Erfahrungen in der Corona-Pandemie (Entschuldigung, die wollte ich eigentlich nicht erwähnen) Gedanken darüber machen, wie diese möglichst gewinnbringend zu verkaufen sind. Medienanbieter und Streamingdienste rüsten fleißig auf. Grund dafür sind die enorm wachsenden Zuschauerzahlen.
Die größte Herausforderung für Interessenten wie Rechtsanwält*innen im E-Sport ist aber, jedenfalls wenn Sie mich fragen, ihn zu verstehen.
Zunächst gilt es, die verschiedenen Spielgenres zu unterscheiden: Es gibt Echtzeit-Strategiespiele (die Spieler können vorher keine Taktik entwickeln), Ego-Shooter (Gegner wird aus Ich-Perspektive bekämpft), MOBA (Online-Kampfarena für mehrere Spieler und 2 Teams), Online-Sammelkarten-Spiele (strategisches Kartensammeln, um immer wieder neue Gegner zu besiegen) und Battle Royale (Spieler oder Teams bekämpfen den Gegner, dürfen sich aber nur in vorgegebenen Zonen aufhalten). Die beliebtesten Spiele, gemessen an den weltweiten Spielern, sind die Ego-Shooter CounterStrike und Overwatch, das Echtzeit-Strategiespiel League of Legends, das Battle Royale Fortnite, das MOBA Dota2 und das Online-Sammelkarten-Spiel Hearthstone-Heroes of Warcraft.
Wer nun aber glaubt, dass sei alles, der hat sich noch nicht mit der Gamersprache auseinandergesetzt. Ein "Camper" ist niemand, der romantisch nach dem Erlöschen des Lagerfeuers ins Zelt kriecht, sondern ein Spieler, der sich lange nicht von seinem Ort wegbewegt, um Gegner zu eliminieren, die damit nicht rechnen. Das wird nicht gern gesehen, denn "Campen" ist was für "Noobs". Das wiederum bezeichnet einen Anfänger (newbie). Wenn Sie als Rechtsanwält*in glauben, Sie wüssten was Strafe ist, weit gefehlt. "Strafe" ist eine Seitwärtsbewegung beim "Shootern" (auf Gegner schießen). Public Viewing von E-Sport heißt "BarCraft". Wer "Ping" für einen Sportartikelhersteller...