Flexible Arbeitszeitmodelle sehen eine Wahl seitens des Arbeitgebers, des Arbeitnehmers oder beider hinsichtlich des Umfangs und der zeitlichen Verteilung der Arbeitszeit vor. Flexible Arbeitszeiten weichen damit nicht nur vom Normalarbeitstag ab, was z.B. bei Schichtarbeit der Fall ist. Kennzeichnend für flexible Arbeitszeiten ist vielmehr, dass die Arbeitszeit ständig an den betrieblichen Bedarf und/oder an die Wünsche der Arbeitnehmer angepasst werden kann.
1. Gleitzeit
Die Möglichkeit der Gleitzeit existiert bereits seit Jahrzehnten. Mit der Einführung der Gleitzeit wurde erstmals die standardisierte und gleichförmig verteilte Arbeitszeit aufgegeben. Bei der Gleitzeit handelt es sich um ein in der Praxis leicht handhabbares Modell, mit dem bei fest vereinbarter regelmäßiger Dauer der geschuldeten Arbeitszeit der Arbeitsbeginn und das Arbeitsende von dem Arbeitnehmer formal selbst bestimmt werden können. Der Arbeitnehmer erhält also Arbeitszeitsouveränität innerhalb eines bestimmt festgelegten Rahmens.
Der Arbeitnehmer ist im Fall einer einfachen Gleitzeit nicht an eine feste Arbeitszeitlage in einem Arbeitstag gebunden. Er kann vielmehr die Arbeit innerhalb einer gewissen Zeitspanne zu einem selbstgewählten Zeitpunkt beginnen und nach Ablauf der vereinbarten Arbeitszeit wieder beenden. Es wird folglich nur der Beginn der täglichen Arbeitszeit durch den Arbeitnehmer variabel gestaltet. Daher gibt es bei diesem Gleitzeitmodell keine Plus- und keine Minusstunden; der Arbeitnehmer erbringt die geschuldete Arbeitszeit vollständig an jedem Tag. Die Dauer der Arbeitszeit ist an jedem Tag gleich.
Bei der qualifizierten Gleitzeit ist der Arbeitnehmer zudem berechtigt, die Dauer der Arbeitszeit an den einzelnen Arbeitstagen innerhalb des vereinbarten Ausgleichszeitraumes selbst zu bestimmen. Er ist nicht an eine exakte tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit gebunden. Vielmehr kann er seine Arbeit innerhalb einer gewissen Zeitspanne zu einem selbst gewählten Zeitpunkt beginnen und nach deren Ablauf innerhalb einer gewissen Zeitspanne zu einem selbst gewählten Zeitpunkt auch wieder beenden. Notwendig ist, dass der Arbeitnehmer die regelmäßig geschuldete Arbeitszeit innerhalb des vereinbarten Ausgleichszeitraumes erfüllt. Dieser Ausgleichszeitraum kann je nach Vereinbarung eine Woche, einen Monat, mehrere Monate, ein Jahr bis hin zur gesamten Lebensarbeitszeit des Arbeitnehmers umfassen. Bei diesem Modell ist es daher möglich, Plus- oder Minusstunden aufzubauen. Eine Erfassung durch ein elektronisches Zeiterfassungssystem oder die Dokumentation der bereits geleisteten Stunden auf einem Arbeitszeitkonto ist daher sehr empfehlenswert.
Hinweis:
Bei der sog. einfachen Gleitzeit variiert ein Arbeitnehmer deren Lage im Arbeitstag. Bei der sog. qualifizierten Gleitzeit kann der Arbeitnehmer auch deren Dauer innerhalb eines Arbeitstages im Rahmen eines vereinbarten Ausgleichszeitraums bestimmen.
In der Regel besteht eine sog. Kernarbeitszeit, in der eine Anwesenheitspflicht des Arbeitnehmers besteht. Wann die Gleitzeit frühestmöglich beginnen und spätestens enden darf, bestimmt die sog. Bandbreite, in der die Arbeitszeit variabel abgeleistet werden kann (z.B. zwischen 7:00 Uhr und 20:00 Uhr).
Beispiel:
Bei dem Arbeitgeber A gilt eine Betriebszeit von 7:30 Uhr bis 18 Uhr. Innerhalb dieser Betriebszeit haben alle Mitarbeiter Gleitzeit. Die Kernzeit, in der alle Mitarbeiter anwesend sein müssen, ist von 10:30 Uhr bis 15:30 Uhr. Das bedeutet, dass von 7:30 Uhr bis 10:30 Uhr eine Gleitspanne ist, innerhalb der die Mitarbeiter entscheiden können, wann Sie ihre Arbeit aufnehmen. Ihren Feierabend können sie zwischen 15:30 und 18 Uhr flexibel bestimmen.
2. Jahresarbeitszeit
Unter Jahresarbeitszeit versteht man eine vereinbarte Arbeitszeit, die bezogen auf das Jahr zu erbringen ist. Vereinbart wird also die sich innerhalb eines Zeitraums von zwölf aufeinanderfolgenden Monaten zu leistende Gesamtarbeitszeit, wobei sich die Lage der Arbeitszeit am Arbeitsanfall orientiert. Mit diesem Arbeitszeitmodell ist es folglich möglich, einen langfristig vorhersehbaren, aber diskontinuierlichen Arbeitsbedarf flexibel innerhalb eines Jahreszeitraums zu planen (BAG, Urt. v. 15.7.2020 – 10 AZR 507/18, NZA 2020, 1650). Dieses Arbeitszeitmodell ist für Branchen geeignet, in denen eine saisonal unterschiedliche Nachfrage für Auftragsspitzen und -flauten sorgt. Ist mehr Arbeit da, wird auch mehr gearbeitet. Ist weniger zu tun, gibt es mehr Freizeit.
Beispiel:
Die wöchentliche Arbeitszeit von bspw. 40 Stunden ist im Jahresdurchschnitt zu erreichen.
Während die Arbeitszeit bei diesem Arbeitszeitmodell im Jahresverlauf schwankt, wird das Arbeitsentgelt in zwölf gleichen Beträgen an den Arbeitnehmer ausgezahlt. Ein Kennzeichen des Modells der flexiblen Jahresarbeitszeit ist der längere Ausgleichszeitraum für geleistete Mehrarbeit, der ein Jahr beträgt.
Beachte:
Auch wenn in Zeiten von Auftragsspitzen viel Arbeit anfällt, gelten dennoch die nach dem ArbZG vorgeschriebenen Höchstgrenzen für die tägliche...