In der Rechtsprechung ist umstritten, wie zu verfahren ist, wenn mehrere Gebühren auf dieselbe Gebühr anzurechnen ist. Diese Frage tritt in der Praxis insb. dann auf, wenn der Rechtsanwalt in verschiedenen Angelegenheiten jeweils eine Geschäftsgebühr verdient hat und diese Angelegenheiten dann in ein einheitliches gerichtliches Verfahren münden, in dem der Anwalt nur eine einzige Verfahrensgebühr erhält.

  • Nach Auffassung des BGH (RVGreport 2017, 220 [Hansens] = AGS 2017, 170) sind in einem solchen Fall sämtliche Geschäftsgebühren nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG anteilig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Dies kann zur Folge haben, dass die Summe der anzurechnenden Beträge die Höhe der Verfahrensgebühr erreicht oder sogar übersteigt. Infolge der (teilweisen) Anrechnung der mehreren Geschäftsgebühren verbleibt dem Rechtsanwalt nach dieser Anrechnungsmethode für seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren wirtschaftlich gesehen keine Verfahrensgebühr mehr.
  • Die Gegenauffassung wendet § 15 Abs. 3 RVG entsprechend an und beschränkt die Anrechnung auf den Gebührenbetrag, der sich aus einer Addition der Einzelwerte und dem höchsten der bei den einzelnen Anrechnungen anzuwendenden Gebührensätze ergibt (OVG NRW RVGreport 2017, 381 [Hansens] = AGS 2017, 497; OLG Koblenz AGS 2009, 167).

Mit Einfügung des neuen § 15a Abs. 3 RVG wird die Anrechnung i.S.d. nach der zuletzt genannten Methode durchgeführt. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn nur eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung im Gesetz (s. etwa Vorbem. 3 Abs. 4 S. 2 VV RVG) bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.

Der Gesetzgeber hat diese Anrechnungsregelung nicht bei den entsprechenden Vorbemerkungen der Teile 2 und 3 VV RVG eingefügt, sondern als allgemeine Regelung in den die Anrechnung grds. regelnden § 15a RVG eingestellt. Damit wird klargestellt, dass die Beschränkung der Gebührenanrechnung nicht nur für die Anrechnung von Geschäftsgebühren, sondern auch für die Anrechnung von Verfahrensgebühren gilt.

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