Ob bestimmte Verhaltensweisen Pflichtverstöße darstellen und eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen, muss immer einzelfallbezogen geprüft und festgestellt werden. Gleichwohl handelt es sich bei der verhaltensbedingten Kündigung um kein „Buch mit sieben Siegeln”, wie die vorstehenden aktuellen, im Fluss der Entwicklung befindlichen Beispiele zeigen. Allerdings muss der Arbeitgeber vor dem Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung „seine Hausaufgaben machen”, d.h. die Kündigung sorgfältig und zeitnah (auch durch Ausspruch vorheriger, einschlägiger Abmahnungen) vorbereiten, die nötigen Verfahrensschritte – wie etwa die Anhörung des Arbeitnehmers – kennen und sowohl rechtssicher als auch fristgerecht (§ 626 Abs. 2 BGB) umsetzen sowie Sonderkündigungsschutztatbestände ebenso wie Mitbestimmungsrechte beachten. Dieses beträchtliche und komplexe arbeitsrechtliche Pflichtenprogramm erfordert sowohl tragfähige Strukturen und Abläufe als auch entsprechend geschultes, qualifiziertes Personal im HR-Bereich, dass in der Lage ist, die mit einer verhaltensbedingten Kündigung einhergehenden An- und Herausforderungen in der Praxis zu meistern. Wer glaubt, ohne Sachkenntnis und Erfahrung wirksam und erfolgreich verhaltensbedingt kündigen zu können, wird oft vor den Arbeitsgerichten verbunden mit hohen Verfahrens- und Annahmeverzugskosten sowie nach einer langen Verfahrensdauer eines Besseren belehrt.

ZAP F. 17, S. 89–96

Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Joachim Holthausen, Köln

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