Mit einer Abrissverfügung greift die Bauaufsichtsbehörde am stärksten in die Eigentumsfreiheit ein. Diese Wirkung lässt sich auch unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung entnehmen, die tatbestandlich über eine Stilllegungsverfügung bzw. Nutzungsuntersagung hinausgeht. Nach § 80 S. 1 MBO kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Damit wird die Frage der materiellen Illegalität durch gesetzgeberische Entscheidung Teil des Tatbestandes und nicht allein ein Aspekt, der im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsentscheidung ermessensgerecht zu berücksichtigen ist. Eine Abrissverfügung ist nur rechtmäßig, wenn die Anlage formell und materiell baurechtswidrig ist.
Ausnahme:
Bereits die formelle Illegalität rechtfertigt Beseitigungsverfügungen der Baubehörde gegen Werbeanlagen, wenn diese ohne Substanzverlust abgebaut werden können (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 25.2.2002 – 2 M 363/93, juris).
Indem die materielle Illegalität Tatbestandsmerkmal ist, verschiebt sich auch der zeitliche Fokus der Prüfung. Im Rahmen einer Ermessensentscheidung ist zu klären, ob zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit vorliegt. Als Tatbestandsmerkmal muss jedoch eine ununterbrochene – seit Errichtung – fortbestehende materielle Illegalität bestehen.
Auf Rechtsfolgenseite steht der Bauaufsichtsbehörde Ermessen zu, welches aber i.d.R. nach Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auf die Beseitigung gerichtet ist.
Problematischer ist die Verbindung einer Beseitigungsverfügung mit einer Anordnung der sofortigen Vollziehung. Im Grundsatz überwiegt selbst bei einer offensichtlich rechtmäßigen Beseitigungsverfügung das private Aussetzungsinteresse, denn ihre sofortige Vollziehung bewirkt i.d.R. einen Verlust von Bausubstanz, der nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden kann und der für den Ordnungspflichtigen häufig mit erheblichen Nachteilen verbunden ist.
Hinweis:
Etwas anderes kann allerdings insb. dann gelten, wenn die sofortige Vollziehung der Beseitigungsverfügung der Abwehr einer schwerwiegenden konkreten Gefahr dient, wenn die Vorbildwirkung der illegal errichteten baulichen Anlage, die beseitigt werden soll, bis zum bestands- oder rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens eine Nachahmung befürchten lässt, der rasch vorgebeugt werden muss, wenn der Bauherr wiederholt illegal gebaut hat und nur durch die Beseitigungsverfügung erfolgversprechend an der Fortsetzung seines rechtswidrigen Tuns gehindert werden kann oder wenn die Beseitigung der baulichen Anlage ohne wesentlichen Substanzverlust und ohne hohe Kosten zu bewerkstelligen ist (OVG NRW, Beschl. v. 1.3.2022 – 10 B 1212/21, juris Rn 5).