Nur in Ausnahmefällen ist i.R.v. § 940 ZPO eine sog. Leistungs- oder Befriedigungsverfügung zulässig. Diese Leistungsverfügung gewährt dem Gläubiger nicht nur eine Sicherung, sondern Erfüllung. In diesen Fällen müssen daher besondere Umstände vorliegen, die einen derartigen Ausspruch rechtfertigen. An das Vorliegen des Verfügungsgrundes ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Der Antragsteller muss auf die Erfüllung seines Anspruchs dringend angewiesen sein, die geschuldete Handlung ist so kurzfristig zu erbringen, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich ist und der dem Antragsteller aus der Nichterfüllung drohende Schaden muss außer Verhältnis zu dem Schaden stehen, der dem Antragsgegner aus der sofortigen vorläufigen Erfüllung droht (LAG Hamburg, Urt. v. 24.7.2013 – 5 SaGa 1/13).
Darüber hinaus bedarf es zur Sicherstellung des verfassungsrechtlichen Gebots der Ausgewogenheit des einstweiligen Rechtsschutzes eine am jeweiligen Einzelfall orientierte Abwägung der Interessen beider Parteien (vgl. LAG Hessen, Urt. v. 17.7.2019 – 10 SaGa 738/19, NZA-RR 2019, 567; LAG Köln, Beschl. v. 20.1.2011 – 7 TaBVGa 9/10). Eine Leistung- oder Befriedigungsverfügung darf nur ergehen, wenn der Verfügungskläger auf die sofortige Erfüllung des Anspruch dringend angewiesen ist, die geschuldete Leistung, wenn sie ihren Sinn nicht verlieren soll, so kurzfristig erbracht werden muss, dass eine Verweisung auf das Hauptsacheverfahren praktisch einer Rechtsverweigerung gleichkäme und bei der Abwägung der beiderseitigen schutzwürdigen Interessen das Interesse des Gläubigers an dem Erlass der einstweiligen Verfügung das des Schuldners an deren Nichterlass deutlich überwiegt.
Verschiedene Beispiele einer Leistungsverfügung:
- Während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses kann das Recht des Arbeitnehmers, beschäftigt zu werden, mit Hilfe einer Leistungsverfügung durchgesetzt werden. Allerdings bedarf es für das Vorliegen eines Verfügungsgrundes der Glaubhaftmachung eines gesteigerten Beschäftigungsinteresses (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.3.2011 – 4 SaGa 2600/11, NZA-RR 2011, 551). So muss der Arbeitnehmer z.B. zur Erhaltung seiner beruflichen Qualifikation, zur Verwirklichung seines Persönlichkeitsrechts oder zur Vermeidung von unverhältnismäßigen Eingriffen in sein Persönlichkeitsrecht gerade auf die Beschäftigung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache angewiesen sein.
- Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung seiner Arbeitszeit gem. § 8 Abs. 1 TzBfG kann unter den Voraussetzungen der sog. Leistungsverfügung durch Erlass einer gerichtlichen Interimsregelung vorläufig realisiert werden (LAG Hamm, Urt. v. 6.5.2002 – 8 Sa 641/02; vgl. auch LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 1.3.2007 – 4 SaGa 1/07).
- Ein Arbeitnehmer kann grds. seinen Urlaubsanspruch nach dem BUrlG aus Gründen der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes bei Vorliegen einer besonderen Eilbedürftigkeit im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen (LAG Köln, Urt. v. 8.7.2015 – 11 SaGa 11/15; Hessisches LAG, Urt. v. 7.5.2013 – 19 SaGa 461/13). Der Arbeitnehmer kann insb. seinen Urlaubsanspruch im Eilverfahren durchsetzen, wenn dies der einzige Weg der Durchsetzung des Anspruchs ist. Angesichts der Erfüllungswirkung ist allerdings der Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Ausnahmefälle beschränkt. Gegebenenfalls hat eine Abwägung mit den entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründen des Arbeitgebers zu erfolgen. Ist die Eilbedürftigkeit z.B. von dem Arbeitnehmer selbst verursacht, scheidet eine einstweilige Verfügung aus. Hat der Arbeitgeber Urlaub gewährt, ist der Arbeitgeber aber der Ansicht, zum Widerruf berechtigt zu sein, wird man einen Verfügungsantrag auf Gestattung des Fernbleibens von der Arbeit für zulässig halten müssen (ausführlich Germelmann/Matthes/Prütting/Germelmann, § 62 ArbGG Rn 101).
- Der Anspruch des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer Wettbewerbshandlungen unterlässt, kann ebenfalls im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden. Unabhängig von etwaigen Verstößen des Arbeitnehmers gegen Vorgaben des GeschGehG folgt der Anspruch auf Unterlassung insb. auch aus § 241 Abs. 2 BGB. Hiernach kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Hierzu zählen Unterlassungs- und Handlungspflichten (Erfurter Kommentar/Preis, § 611a BGB Rn 708). An den Verfügungsgrund sind keine hohen Anforderungen zu stellen, eine Eilentscheidung wird regelmäßig erforderlich sein, da es dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist, eine Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers bis zu der Beendigung des Hauptsacheverfahrens hinzunehmen.
Hinweis:
Sogenannte feststellende Verfügungen werden grds. als unzulässig betrachtet, weil sie weder der Sicherung der Zwangsvollstreckung noch zur vorläufigen Durchsetzung eines Anspruchs noch zur verbindlichen Klärung der Rechtslage geeignet sind (vgl. ArbG Mannheim, Beschl. v. 29.7.2008 – 8 BVGa 2/0...