§ 554 BGB gilt in seiner derzeitigen Fassung seit dem 1.12.2020 und wurde durch das Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften in das BGB eingefügt (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) v. 16.10.2020, BGBl 2020 I, S. 2187). § 554 BGB n.F. schafft eine Teilharmonisierung zwischen Wohnungseigentums- und Mietrecht, wobei drei Erlaubnistatbestände für bauliche Veränderungen des Mieters zusammengefasst werden, die wortgleich auch in § 20 Abs. 2 WEG enthalten sind (Schmidt-Futterer/Flatow, 16. Aufl. 2024, § 554 BGB Rn 1 m.w.N.). Geregelt werden Veränderungen zur behindertengerechten Ausgestaltung der Wohnung, zur Förderung der Elektromobilität und zum Einbruchsschutz. Soweit es die Barrierereduzierung betrifft, tritt § 554 BGB an die Stelle des gestrichenen § 554a BGB a.F.
aa) Allgemeine Voraussetzungen
Allgemeine Voraussetzung von § 554 Abs. 1 S. 1 BGB ist, dass eine bauliche Veränderung gegeben ist, worunter jeder erhebliche Eingriff in die Substanz der Mietsache fällt (Schmidt-Futterer/Flatow, 16. Aufl. 2024, § 554 BGB Rn 4). Als Gegenstand der baulichen Veränderung können auch Gemeinschaftsflächen und sonstige Außenbereiche betroffen sein (Müko-BGB/Bieber, 9. Aufl. 2023, § 554 BGB Rn 6). Geringfügige Eingriffe, die zu einer sinnvollen Wohnnutzung erforderlich sind und die regelmäßig durch Schönheitsreparaturen beseitigt werden können, sind ohne Weiteres erlaubt und bedürfen keiner Genehmigung. Nicht mehr von § 554 BGB gedeckt sind räumliche Erweiterungen des Gebrauchsrechts (BeckOGK/Schepers, Stand 1.4.2024, § 554 BGB Rn 6). Die konkrete Maßnahme muss einem geschützten Interesse des Mieters dienen, wobei der Anspruch vom Mieter ab Mietvertragsschluss bis zum Ende des Mietverhältnisses geltend gemacht werden kann. Anders als bei § 553 BGB ist es auch nicht erforderlich, dass die Umstände für die Zweckdienlichkeit erst nach Mietbeginn entstanden sind (Schmidt-Futterer/Flatow, 16. Aufl. 2024, § 554 BGB Rn 6).
bb) Barrierereduzierung (Alt. 1)
Der Erlaubnistatbestand der Barrierereduzierung (Alt. 1) ist erfüllt, wenn die bauliche Veränderung dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient, wobei Menschen mit Behinderungen in § 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) legal definiert sind. Erfasst sind sowohl körperliche Behinderungen als auch Behinderungen im geistigen und seelischen Bereich. Neben dem Mieter sind alle berechtigten Mitbesitzer vom Schutzbereich erfasst, wozu insb. Haushaltsangehörige, Angestellte, Pflegepersonal oder gestattete Untermieter nach §§ 540, 553 BGB gehören. Nach hier vertretener Auffassung sind auch Besucher zum geschützten Personenbereich zu zählen, da § 554 BGB – anders als noch § 554a BGB a.F. – auch für Gewerbemietverhältnisse gilt und es insb. bei Gastronomiebetrieben zum Hauptzweck der Mieträume gehört, dort Besucher zu empfangen (Schmidt-Futterer/Flatow, 16. Aufl. 2024, § 554 BGB Rn 9 m.w.N. auch zur Gegenauffassung). Beispiele für bauliche Maßnahmen innerhalb der Wohnung sind der Einbau behindertengerechter Duschen, Wannen und Toiletten sowie die Verbreiterung von Türen. Beispiele für Maßnahmen außerhalb der Wohnung sind Rampen oder Treppenlifte, die den Zugang zur Wohnung erleichtern oder sogar erst ermöglichen (Schmidt-Futterer/Flatow, 16. Aufl. 2024, § 554 BGB Rn 9).
cc) Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge (Alt. 2)
Der zweite Erlaubnistatbestand erfordert das Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge nach § 2 Nr. 1 EMoG (BGBl 2015 I, S. 898), worunter reine Batterieelektrofahrzeuge, von außen aufladbare Hybridfahrzeuge oder auch Brennstoffzellenfahrzeuge gehören. Ebenfalls erfasst sind E-Bikes, Pedelecs, Elektrorollstühle oder E-Scooter (BT-Drucks 19/18791, S. 87). Als infrage kommende bauliche Maßnahmen sind die Installation einer Ladestation im Innenbereich (sog. Wallbox) oder im Außenbereich zu nennen, wobei sich der Anspruch auch auf Gemeinschaftseinrichtungen bezieht, an denen der Mieter nur ein Mitbenutzungsrecht hat (ebenso Schmidt-Futterer/Flatow, 16. Aufl. 2024, § 554 BGB Rn 11).
dd) Bauliche Änderungen zum Einbruchsschutz (Alt. 3)
Der dritte Erlaubnistatbestand erfasst bauliche Veränderungen, die dem Einbruchsschutz dienen. Erfasst sind bessere Schließsysteme, stärkere Türen, Türriegel, Türspione oder verschließbare Außenfenster. Auch hier ist der Anspruch nicht auf die Räume mit alleinigem Gebrauchsrecht beschränkt.
ee) Keine Unzumutbarkeit der baulichen Veränderung für den Vermieter (§ 554 Abs. 1 S. 2 BGB)
§ 554 Abs. 1 S. 2 BGB setzt als Ausschlusstatbestand eine Interessenabwägung voraus, sofern die intendierte bauliche Veränderung dem Vermieter unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Aufseiten des Mieters sind sein allgemeines Veränderungsinteresse sowie besondere Interessen bei der Erlaubnis von Maßnahmen zur Barrierereduzierung in der Wohnraummiete zu beachten. Dabei müssen besondere soziale und gesundheitliche Belange des Mieters sowie sonstige erhebliche, individuelle Interessen eine Rolle spielen (Schmidt-Futterer/Flatow, 16. Aufl. 2024, § 554 BGB Rn 15). Auf Vermieterseite wird zunächst das schlichte Interesse an einer Erhaltung der Bausubstanz berücksich...