Bei Beschränkungen oder Entziehungen des vertragsgemäßen Gebrauchs kann der Mieter gegen den Vermieter einen Anspruch auf Erfüllung der vertraglich vereinbarten Leistungen geltend machen, welcher sich unmittelbar aus § 535 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt. Der Erfüllungsanspruch besteht selbst dann, wenn der zu beseitigende Fehler einen bloß unerheblichen Mangel darstellt oder wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt. Insofern besteht also ein erheblicher Unterschied zum Recht auf Mietminderung nach § 536 BGB, da insoweit gem. § 536 Abs. 1 S. 3 BGB nur eine mehr als unerhebliche Tauglichkeitsbeeinträchtigung zur Mietminderung berechtigt. Selbst wenn der Mieter aufgrund von § 536b BGB seine Mängelgewährleistungsrechte verloren hat, kann der Erfüllungsanspruch noch geltend gemacht werden (BGH, Urt. v. 18.4.2017 – XII ZR 139/05, ZMR 2007, 605 = MietPraxAK § 536b BGB Nr. 9 mit Anm. Eisenschmid; OLG Naumburg, Urt. v. 3.8.1999 – 11 U 25/99, WuM 2000, 242; LG München I, Beschl. v. 23.12.1998 – 14 S 13503/98, WuM 1999, 323; a.A. OLG Köln, Urt. v. 28.10.1991 – 2 U 185/90, NJW-RR 1993, 466). Der Erfüllungsanspruch ist aber dann ausgeschlossen, wenn die Beseitigung einer unerheblichen Minderung der Tauglichkeit einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, der Mieter aber die Folgen mit nur geringem Aufwand selbst beheben könnte. Nach Meinung des LG Berlin (Urt. v. 20.6.1986 – 62 S 49/86, DWW 1987, 130) soll das dann anzunehmen sein, wenn der Mieter beim Trinkwasserbezug einen überhöhten Bleiwert des Trinkwassers dadurch verhindern kann, dass er das Wasser für eine unerhebliche Zeit vor der Nutzung ablaufen lässt, sofern sich dann der Bleiwert auf ein gesundheitlich unbedenkliches Maß verringert.
Praxistipp:
Für die anwaltliche Beratung ist zu beachten, dass der primäre Erfüllungsanspruch des Mieters bei Beschränkungen des vertragsgemäßen Gebrauchs anders als das Recht auf Mietminderung nach dem Gesetz unbeschränkt besteht, da eine § 536 Abs. 1 S. 3 BGB entsprechende Einschränkung fehlt. Nur in absoluten Grenzfällen kann der Anspruch ausgeschlossen sein, wobei die Prüfung inhaltlich einem Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nahekommt (§ 242 BGB). So hat der Mieter z.B. einen Mängelbeseitigungsanspruch gegen seinen Vermieter, sofern der mitvermietete Badezimmerschrank, der eine Maßanfertigung darstellt, defekt wird. Der Anspruch ist auf Wiederherstellung eines ebensolchen maßangefertigten Badezimmerschranks gerichtet, sodass sich der Mieter nicht auf den Einbau eines neuen Standardschranks verweisen lassen muss, auch wenn die Maßanfertigung ggf. erhebliche Kosten für den Vermieter verursacht.
1. Inhalt der Hauptleistungspflicht im bestehenden Mietvertrag
Inhalt der echten Hauptleistungspflicht des Vermieters ist es auch, die überlassene Mietsache während der gesamten Vertragsdauer in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB), wobei diese Pflicht im direkten Synallagma zur Mietzahlungspflicht des Mieters steht (§§ 320 ff. BGB; BGH, Urt. v. 3.4.2003 – IX ZR 163/02, NZM 2003, 472; Staudinger/Emmerich, 2021, § 535 BGB Rn 20). Es handelt sich dabei um eine echte Dauerverpflichtung des Vermieters während des gesamten Mietverhältnisses, die in jeder juristischen Sekunde zu erfüllen ist und folglich nicht verjähren kann (BGH, Urt. v. 19.12.2018 – XII ZR 5/18, NJW 2018, 1062).
Besondere Probleme ergeben sich, wenn der Vermieter, z.B. infolge einer Modernisierung nach § 555b BGB, die Ausstattung der Wohnung verändert. In diesem Fall ist fraglich, auf welchen Zustand der Mietsache sich die Erhaltungsverpflichtung des Vermieters bezieht. Insoweit ist zur Bestimmung des Erfüllungsanspruchs des Mieters, soweit nichts anderes vereinbart ist, nicht auf die individuellen Maßstäbe des Mieters, sondern auf das objektivierte Interesse des Vermieters an einer üblichen Ausstattung abzustellen, welche die langfristige Vermietbarkeit sichert (AG Schöneberg, Urt. v. 15.11.1999 – 109 C 178/99, MM 2000, 334). Auch bei Modernisierungsmaßnahmen, die der Mieter nach § 555d BGB zu dulden hat, folgt keine Erhaltungspflicht des Vermieters über den Zustand der Mietsache hinaus, der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestand. Dies gilt selbst für den Fall, dass ein konkreter baulicher Zustand bei Vertragsschluss bereits nicht mehr dem derzeitigen Standard entsprach, was bei Altbauten häufig vorkommt. Anderenfalls wäre der Vermieter nämlich zu wiederkehrenden Modernisierungsarbeiten verpflichtet, was nicht dem Normzweck von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB entspricht (BeckOGK-BGB/Schmidt, Stand 1.7.2024, § 535 BGB Rn 318). Der Mieter hat auch keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Zustimmung zu einer Mieter-Eigenmodernisierung (BGH, Urt. v. 14.9.2011 – VIII ZR 10/11, NZM 2012, 154 m. zustimmender Anm. Drasdo NJW-Spezial 2012, 65). Im Übrigen besteht der Erfüllungsanspruch des Mieters aus § 535 Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB bis zur sog. Opfergrenze (BGH, Urt. v. 2.10.1987 – V ZR 140/86, NJW 1988, 699 = MDR 1988, 213).
2. Begrenzung des Erfüllungsanspruchs nach Vertragsbeendigung
Setzt der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses die Nutzung berec...