1.1 BVerfG begrüßt Gesetzentwürfe zur Stärkung seiner Resilienz
Nach monatelangen Diskussionen um eine Stärkung der Resilienz des BVerfG gegen autoritäre Übergriffe (s. dazu zuletzt ZAP 2024, 749) gibt es mittlerweile einen überparteilichen parlamentarischen Konsens, der sich aktuell in zwei Gesetzentwürfen niedergeschlagen hat. Eingebracht wurden sie von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, dem Bündnis 90/Die Grünen und der FDP sowie einem einzelnen Abgeordneten. Bundesjustizminister Buschmann beabsichtigt, diese Vorlagen zur Grundlage eines Gesetzgebungsverfahrens zur Stärkung der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts zu machen; zuvor hat er beide Fassungen an das Gericht übersandt, um auch von dort eine Stellungnahme einzuholen.
Die Antwort aus Karlsruhe kam Mitte September: Die Verfassungsrichter haben keine Einwände und machen auch keine Ergänzungsvorschläge. In einem Plenumsbeschluss begrüßten sie die Pläne der Parlamentarier, „sowohl die Dichte der das Verfassungsorgan Bundesverfassungsgericht betreffenden grundgesetzlichen Regelungen entsprechend derjenigen anderer Verfassungsorgane zu gestalten als auch die Funktionsbedingungen der Verfassungsgerichtsbarkeit zu sichern.” Die übermittelten Gesetzentwürfe sehen vor, eine Reihe der bisher einfachgesetzlichen Regelungen über das Bundesverfassungsgericht, wie die Zahl der Senate, die Zahl der Senatsmitglieder oder die Dauer ihrer Amtszeit in das Grundgesetz zu überführen, so dass sie künftig nur noch mit der für eine Verfassungsänderung notwendigen qualifizierten Mehrheit geändert werden können. Dem stimmten die Verfassungsrichter ausdrücklich zu.
Ob das Gericht darüber hinausgehend in Übereinstimmung mit weitergehenden Vorschlägen aus der politischen Debatte gerne auch eine verfassungsrechtliche Verankerung des Wahlverfahrens gesehen hätte, blieb in seiner Stellungnahme offen. Sehr diplomatisch formuliert der Plenumsbeschluss, dass sich „für die Wahl der Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts [...] ein parteiübergreifender Konsens bewährt” habe. Für die gegenläufigen Positionen, so die Stellungnahme weiter, seien in der Diskussion jeweils gut nachvollziehbare Argumente vorgebracht worden. Diese fußten nicht zuletzt auf unterschiedlichen prognostischen Einschätzungen über künftige politische Mehrheitsbildungen, zu denen auch dem Bundesverfassungsgericht keine weitergehenden Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stünden.
[Quellen: Bundestag/BVerfG]
1.2 Bundesrat billigt zahlreiche Gesetzesvorhaben
In seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause hatte der Bundesrat am 27. September eine umfangreiche Tagesordnung. Insgesamt 89 Punkte hatte die Länderkammer abzuarbeiten, darunter viele Gesetzesvorlagen aus dem Bundestag, aber auch eigene Regelungsvorschläge; darüber hinaus waren zahlreiche Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben der Bundesregierung abzugeben.
Grünes Licht bekamen von der Ländervertretung u.a. die geplanten Änderungen am Schwangerschaftskonfliktgesetz und das Vorhaben zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen sowie zu den Erleichterungen bei Balkonkraftwerken. Mit dem Schwangerschaftskonfliktgesetz sollen Schwangere vor Beratungsstellen und Kliniken oder Arztpraxen, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, künftig besser vor Belästigungen durch Abtreibungsgegner und -gegnerinnen geschützt werden. Hier ist es in der Vergangenheit öfter zu Protestaktionen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern gekommen. Diese hatten die betroffenen Frauen gezielt belästigt und auch mit verstörenden Bildern und Schriften konfrontiert und so unter erheblichen psychischen Druck gesetzt und zum Teil nachhaltig verunsichert. Auch Mitarbeitende in den Beratungsstellen wurden durch diese sog. Gehsteigbelästigungen daran gehindert, ihrer Arbeit nachzugehen. Mit der Gesetzesänderung soll jetzt sichergestellt werden, dass Schwangere ungehinderten Zugang zu den Beratungsstellen und Einrichtungen erhalten, indem es untersagt wird, in einem Eingangsbereich von 100 Metern Schwangeren das Betreten einer Beratungsstelle oder einer entsprechenden Einrichtung absichtlich zu erschweren oder ihnen gegen ihren Willen die eigene Meinung zu Schwangerschaftsabbrüchen aufzudrängen. Verstöße gegen dieses Verbot werden künftig mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 EUR bestraft.
Gebilligt hat der Bundesrat auch Änderungen am Wohneigentums- und am Mietrecht. Eigentümerversammlungen können derzeit nur als Videokonferenz stattfinden, wenn sich alle Eigentümer und Eigentümerinnen darauf verständigt haben; andernfalls finden sie in Präsenz oder in hybrider Form statt. Die Gesetzesänderung sieht vor, dass sie zukünftig auch rein online durchgeführt werden können, wenn dies in der Wohnungseigentümergemeinschaft mit drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschlossen wurde. Diese virtuellen Eigentümerversammlungen können allerdings zunächst nur für einen Zeitraum von drei Jahren beschlossen werden; wird ein solcher Beschluss vor dem Jahr 2028 gefasst, müssen Wohnungseigentümer bis einschließlich des Jahres 2028 mindestens einmal im Jahr noch eine Präsenzversammlung durc...