1. Allgemeines
Der Verein ist als juristische Person rechtlich selbstständig. Das Vermögen des Vereins ist nicht auch Vermögen der Mitglieder. Diese haben deshalb für Schulden des Vereins nur aufzukommen, wenn dafür eine besondere Rechtsgrundlage durch Einzelvertrag zwischen Verein und Mitglied oder durch eine Satzungsvorschrift gegeben ist. Ausnahmsweise kann ein Gläubiger des Vereins aber berechtigt sein, dessen Mitglieder im Wege des sog. Durchgriffs in Anspruch zu nehmen. Von der Rechtsprechung (st. Rspr. seit BGH, Urt. v. 8.7.1970 – VIII ZR 28/69, NJW 1970, 2015; zuletzt BGH, Urt. v. 10.12.2007 – II ZR 239/05, MDR 2008, 396) wird das aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgeleitet. Das kann z.B. der Fall sein, wenn der Verein vorgeschoben wird, damit die Mitglieder persönliche Vorteile erlangen (dazu BGH, Urt. v. 10.12.2007 – II ZR 239/05, BGHZ 175, 12 = MDR 2008, 396). Grundsätzlich nicht ausreichend ist allein eine Unterkapitalisierung des Vereins (BGH, Urt. v. 4.5.1977 – VIII ZR 298/75, NJW 1977, 1449; OLG Oldenburg NZG 2000, 555).
2. Vorstandsmitglied
Für die Haftung des Vereinsmitglieds, das als Vorstand des Vereins tätig ist, gilt bei Verletzung seiner normalen Vorstandspflichten § 31a BGB, der eine Haftungsbeschränkung für den im Wesentlichen ehrenamtlich tätigen Vorstand enthält (dazu Burhoff, ZAP 2023, 887, 893, ders., a.a.O., Rn 626 ff.).
3. Wahrnehmung von Aufgaben des Vereins
Für Vereinsmitglieder, die im Wesentlichen unentgeltlich Aufgaben des Vereins wahrnehmen, sieht inzwischen § 31b BGB – ebenso wie § 31a BGB für die Vereinsorgane und besonderen Vertreter – eine Haftungsprivilegierung vor. Die Vereinsmitglieder werden darin Vorstandsmitgliedern und besonderen Vertretern, für die § 31a BGB gilt, gleichgestellt. Ihre Haftung gegenüber dem Verein ist in gleichem Umfang wie die Haftung der Vorstandsmitglieder beschränkt. Dadurch soll auch das zivilgesellschaftliche Engagement erleichtert werden (vgl. BT-Drucks 17/632 i.V.m. BT-Drucks 17/11315, 8; auch noch BT-Drucks 17/5713, 6). § 31b BGB ist zwingendes Recht, da er nicht in den Katalog des § 40 BGB aufgenommen worden ist. Vereine können also nicht durch andere Regelungen in der Satzung von der Haftungsprivilegierung abweichen. Die Satzung darf aber die Haftung für grob fahrlässiges Verhalten ausschließen, sodass sie nur noch auf Vorsatz beschränkt ist (OLG Nürnberg NZG 2016, 112 = MDR 2016, 85).
Die Haftungsbeschränkung nach § 31b Abs. 1 S. 1 BGB gilt für Vereinsmitglieder, die für den Verein unentgeltlich tätig sind oder nur gegen eine Vergütung, die 720 EUR/Jahr nicht übersteigt. Gedacht ist also an längerfristige Tätigkeiten für den Verein für die als Anerkennung allenfalls ein geringfügiges jährliches Entgelt gewährt wird (vgl. BT-Drucks 17/632 i.V.m. BT-Drucks 17/11315, 17). Wird das Vereinsmitglied im Rahmen seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit aufgrund eines Vertrags zu einer im Wesentlichen marktüblichen Vergütung für den Verein tätig, nimmt er die Aufgaben nicht primär im Interesse des Vereins wahr, sondern vorrangig zu eigenen Erwerbszwecken. § 31b BGB greift dann nicht ein. Voraussetzung für die Haftungsbeschränkung und für den Anspruch auf Befreiung von der Haftung ist nach § 31b Abs. 1 S. 1 BGB weiterhin, dass das Vereinsmitglied den Schaden bei der Wahrnehmung von satzungsgemäßen Vereinsaufgaben verursacht hat, die ihm übertragen worden sind (BT-Drucks 17/632 i.V.m. BT-Drucks 17/11315, 17). Den Begriff der „satzungsgemäßen Vereinsaufgaben” definiert das BGB nicht näher. Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass damit alle Verrichtungen i.R.d. Vereinszwecks gemeint sind, die dem Verein obliegen (dazu Reuter, npoR 2013, 41, 44). Die Vereinsaufgaben müssen dem Mitglied vom Verein übertragen worden sein, d.h. das Vereinsmitglied muss mit der Aufgabenwahrnehmung vom Verein beauftragt worden sein. Nur dann ist es gerechtfertigt, den Verein für etwaige Schäden, die das Vereinsmitglied verursacht hat, aufkommen zu lassen. Nimmt ein Vereinsmitglied Vereinsaufgaben ohne Wissen des Vereins wahr, ist es nicht gerechtfertigt, die Haftung des Vereinsmitglieds gegenüber dem Verein zu beschränken oder dem Vereinsmitglied einen Anspruch auf Befreiung von der Haftung gegenüber Dritten zu gewähren (BT-Drucks 17/632 i.V.m. BT-Drucks 17/11315, 17).
Die Haftungsbeschränkung des § 31b BGB gilt nur gegenüber dem Verein. Sie kann in der Satzung weiter ausgedehnt werden, sodass also z.B. die Haftung auch für grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen wird mit der Folge, dass nur noch für Vorsatz gehaftet wird (OLG Nürnberg NZG 2016 = MDR 2016, 85). Die Haftung für Vorsatz kann von Gesetzes wegen nicht ausgeschlossen werden (§ 276 Abs. 3 BGB). Die Haftungsbeschränkung gilt nicht für die Schädigung anderer Vereinsmitglieder. Für sie gilt dasselbe wie für die Schädigung Dritter. Es bleibt also bei dem allgemeinen Verschuldensmaßstab, sodass für jeden Grad von Fahrlässigkeit gehaftet wird. Bei einer Schädigung anderer Vereinsmitglieder und sonstiger Dritter hat das Vereinsmitglied aber in gleichem Umfang wie ein Vor...