a) Alkohol
Wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss i.S.v. § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. b FeV, die die Aufforderung zur Beibringung eines MPU-Gutachtens rechtfertigen, liegen nur dann vor, wenn der Betroffene in mindestens zwei vom Geschehensablauf her eigenständigen Lebenssachverhalten je eine oder mehrere solche Zuwiderhandlungen begangen hat (BVerwG, DAR 2024, 282 m. Bespr. Koehl, a.a.O, 287 = zfs 2024, 294).
b) Drogen außer Cannabis
Aus der in § 14 Abs. 1 S. 2 FeV enthaltenen Wertung ergibt sich, dass der widerrechtliche Betäubungsmittelbesitz ein Anhaltspunkt für die Einnahme von Betäubungsmitteln ist (VGH München, VRR 5/2024, 27 [Deutscher]).
c) Cannabis
Durch das CanG v. 27.3.2024 (BGBl 2024 I, Nr. 109) wurden die Regelungen für die verwaltungsrechtliche Beurteilung der Fahreignung bei Cannabis grundlegend verändert. Dabei hat der Gesetzgeber die insofern geltenden Vorgaben im Kern an die Regeln bei Alkohol angepasst. Das erscheint schon im Ansatz zweifelhaft. Anders als beim Alkohol ist die Wirkung von Cannabis bzw. THC im Körper weder abschließend erforscht (Koehl, SVR 2024, 162) noch gibt es eine Konsummenge-Wirkungs-Relation.
aa) Rechtslage bis 31.3.2024
Nach der alten Rechtslage bestimmte § 14 Abs. 1 S. 3 FeV, dass die Beibringung eines MPU-Gutachtens auch angeordnet werden kann, wenn eine gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach der damals geltenden Fassung von Nr. 9.2 der Anl. 4 zur FeV fehlte bei regelmäßiger Einnahme von Cannabis die Eignung. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis war sie vorhanden, wenn Trennung von Konsum und Fahren (sog. Trennungsvermögen) und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorlag. Der einmalige Konsum von Cannabis ließ die Fahreignung nicht entfallen, sofern nicht andere Umstände vorlagen. Einen Kraftfahrer, der anlässlich einer Verkehrskontrolle dadurch aufgefallen ist, dass er ordnungswidrig unter dem Einfluss von Cannabis ein Kfz geführt hat, und der daraufhin einen isolierten Probierkonsum der Droge geltend macht, trifft im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren die Obliegenheit, über diesen Konsum substantiierte Angaben zu machen. Unterlässt er das, darf die Fahrerlaubnisbehörde seine Einlassung ggf. ohne Weiteres als Schutzbehauptung würdigen, von gelegentlichem Cannabiskonsum ausgehen und sogleich die Beibringung eines MPU-Gutachtens anordnen (OVG Lüneburg, NJW 2024, 1366). Ein nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehender Mischkonsum von Cannabis und Alkohol rechtfertigt jedenfalls dann die Annahme einer mangelnden Fahreignung, wenn er die Aufgabe der Trennungsbereitschaft möglich erscheinen lässt und eine Teilnahme am Straßenverkehr unter Wirkung der Rauschmittel hinreichend wahrscheinlich ist. Das ist der Fall, wenn er in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht zu einer kombinierten Rauschwirkung führen kann (VGH München, Beschl. v. 5.6.2024 – 11 CS.24.324). Dem VG ist es nicht verwehrt, aufgrund von Zeugenaussagen zu der Überzeugung zu gelangen, dass ein regelmäßiger Cannabiskonsum vorliegt. Es gibt keinen Beweisgrundsatz, dass ein regelmäßiger Cannabiskonsum allein anhand der Ergebnisse von Blutproben und nicht etwa aufgrund von Zeugenaussagen bewiesen werden kann (OVG Magdeburg, zfs 2024, 419).
bb) Rechtslage seit dem 1.4.2024
Im Rahmen des CanG wurde die FeV geändert. Der zur Klärung von Eignungszweifeln bei Cannabiskonsum geltende § 14 Abs. 1 S. 3 FeV wurde aufgehoben und stattdessen der neue § 13a FeV geschaffen. Hierdurch sollte der Komplex „Cannabis” aus den strengeren Vorgaben der übrigen Betäubungsmittel genommen und den fahreignungsrechtlichen Regelungen bei einer Alkoholproblematik weitestgehend angeglichen werden (BT-Drucks 20/10246, S. 150). Nach der Neufassung des Nr. 9.2 der Anl. 4 zur FeV fehlt die Fahreignung bei Missbrauch (Nr. 9.2.1) oder Abhängigkeit (Nr. 9.2.3) von Cannabis. Die bislang übliche und bewährte Unterscheidung zwischen einmaligem, gelegentlichem und regelmäßigem Konsum von Cannabis ist entfallen. Missbrauch bedeutet dabei, dass das Führen von Fahrzeugen und die Fahrsicherheit beeinträchtigender Konsum von Cannabis nicht hinreichend sicher getrennt werden können (Fromm, DAR 2024, 352, 353; Staub/Dronkovic, DAR 2024, 410, 412; zur medizinischen Seite Graw/Brenner-Hartmann, DAR 2024, 413). Durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (BGBl 2024 I, Nr. 266; hierzu Deutscher, ZAP 2024, 833) wurde Nr. 9.2.1 Anl. 4 zur FeV im Zusammenhang mit der Einführung eines THC-Grenzwerts von 3,5 ng/ml für Fahrten unter Cannabiseinfluss nach dem neugeschaffenen § 24a Abs. 1a StVG erneut verändert. Missbrauch bedeutet hiernach: Das Führen von Fahrzeugen und ein Cannabiskonsum mit nicht fernliegender verkehrssicherheitsrelevanter Wirkung beim Führen eines Fahrzeugs können nicht hinreichend sicher getrennt werden (aktuelle Änderung kursiv).
Rspr. zum Begriff des Missbrauchs gibt es naturge...