Ein Schwerpunkt der Rspr. des BGH im Berichtszeitraum lag auf der Beurteilung des sog. Werkstattrisikos.
Hinweis:
Näher hierzu Almenroth, NZV 2024, 153; Nugel, VRR 7/2024, 4; Palmer, DAR 2024, 242; Staudinger/Runge, NJW 2024, 1996.
Auch bei unbezahlter Werkstattrechnung kann sich der Geschädigte auf das sog. Werkstattrisiko berufen und in dessen Grenzen Zahlung von Reparaturkosten, Zug um Zug gegen Abtretung seiner diesbezüglichen Ansprüche gegen die Werkstatt an den Schädiger, verlangen, allerdings nicht an sich selbst, sondern an die Werkstatt (BGH, BGHZ 239, 208 = NJW 2024, 2031 = NZV 2024, 176 = DAR 2024, 207 = zfs 2024, 249 = VRR 5/2024, 9 [Nugel]; BGH, DAR 2024, 256 = VRR 5/2024, 14 [Nugel]). Der aufgrund eines Verkehrsunfalls Geschädigte darf bei der Beauftragung einer Fachwerkstatt mit der Reparatur des Unfallfahrzeugs grds. darauf vertrauen, dass diese keinen unwirtschaftlichen Weg für die Schadensbeseitigung wählt und nur die objektiv erforderlichen Reparaturmaßnahmen durchführt. Er ist daher aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht gehalten, vor der Beauftragung der Fachwerkstatt zunächst ein Sachverständigengutachten einzuholen und den Reparaturauftrag auf dessen Grundlage zu erteilen (BGH, DAR 2024, 144 = VRR 5/2024, 12 [Nugel]). Tritt der Geschädigte bei unbezahlter Werkstattrechnung seine Forderung gegen den Schädiger ab, trägt der Zessionar das Werkstattrisiko (BGH, DAR 2024, 210 = VRR 7/2024, 14 [Nugel]; DAR 2024, 253). Die vorgenannten Grundsätze zum Werkstattrisiko gelten auch für überhöhte Kostenansätze eines Kfz-Sachverständigen, den der Geschädigte mit der Begutachtung seines Fahrzeugs zur Ermittlung des unfallbedingten Schadens beauftragt hat (BGH, NJW 2024, 2035 = DAR 2024, 325 m. Anm. Kümmerle = zfs 2024, 309). Den Geschädigten trifft eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der von der Werkstatt bei Vertragsschluss geforderten bzw. später berechneten Preise (BGH, NJW 2024, 2324 = zfs 2024, 434 = VRR 7/2024, 8 [Nugel]). Die einem Geschädigten von einer Fachwerkstatt in Rechnung gestellten Kosten für Probefahrten, Fahrzeugreinigung und Desinfektion sind auch dann vollumfänglich ersatzfähig, wenn sie aufgrund unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt im Vergleich zu dem, was für eine entsprechende Reparatur sonst üblich ist, unangemessen sein sollten (AG Zeven, Urt. v. 26.10.2023 – 3 C 104/23, DAR 2024, 35 = NZV 2024, 300 [Ugur]).
Hat der Geschädigte den vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Betrag gezahlt, kann dieser Aufwand bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO auch dann ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen” Betrages i.S.v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sein, wenn der Geschädigte mit dem Sachverständigen keine Preisvereinbarung getroffen hat (OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.3.2024 – 3 U 7/24, DAR 2024, 396).