1. Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB)
Die Behauptung, der Tatrichter habe pflichtwidrig davon abgesehen, einen Sachverständigen mit einer Begleitstoffanalyse zur Überprüfung des Nachtrunks zu beauftragen, kann nicht mit der Sachrüge geltend gemacht werden. Angesichts der in der Anflutungsphase verstärkten Ausfallerscheinungen bedarf es einer Rückrechnung nicht, wenn bei der Blutentnahme wenigstens der Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille BAK erreicht ist. Dann steht fest, dass eine entsprechende Körperalkoholmenge zur Tatzeit vorgelegen haben muss (OLG Frankfurt a.M., zfs 2024, 291).
Weiterhin in Bewegung ist die Beurteilung von Trunkenheitsfahrten auf E-Scootern (s. auch unten unter II.4.). Bei Kfz gilt für die absolute Fahruntüchtigkeit bei Alkoholisierung der Grenzwert von 1,1 Promille, bei Fahrradfahrern der Grenzwert von 1,6 Promille. Umstritten ist die Einordnung bei E-Scootern. Die Rspr. tendiert weiterhin zur Anwendung des Grenzwerts für Kfz. Eine endgültige Klarstellung durch den BGH bleibt abzuwarten (s. auch AG Kaiserslautern, DAR 2024, 519 m. Anm. Stähr).
2. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB)
Ein unachtsamer Fahrstreifenwechsel ist kein alkoholtypischer Fahrfehler. Ein Kollisionsschaden am gegnerischen Fahrzeug begründet für sich noch keine konkrete Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert (OLG Köln, Beschl. v. 16.11.2023 – III-1 ORs 139/23, NZV 2024, 350 [Balschun]). Ein altersbedingter Abbau in Verbindung mit Ausfallerscheinungen kann die Annahme geistiger bzw. körperlicher Mängel i.S.d. § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB begründen. Jedoch muss der etwaige altersbedingt hervorgerufene Mangel im Sinne der Norm hierfür zunächst konkret benannt und sodann weiter festgestellt werden, dass der Angeschuldigte diesen konkreten Mangel auch hätte erkennen können, mithin diesbezüglich mindestens fahrlässig handelte. Ob der Angeschuldigte tatsächlich aufgrund geistiger bzw. körperlicher Mängel (im Zusammenhang mit durch die Zeugen berichteten Fahrfehlern) fahruntüchtig war, lässt sich dabei mangels medizinischer eigener Sachkunde des Gerichts nur durch Einholung eines Sachverständigengutachtens hinreichend beantworten (LG Wuppertal, Beschl. v. 15.5.2023 – 25 Qs 33/23NZV 2024, 404 [Krumm]).
Ein vorschriftswidriges Verhalten im fließenden Verkehr wird von § 315b StGB nur erfasst, wenn ein Fahrzeugführer das von ihm gesteuerte Kraftfahrzeug in verkehrsfeindlicher Einstellung bewusst zweckwidrig einsetzt, er mithin in der Absicht handelt, den Verkehrsvorgang zu einem Eingriff in den Straßenverkehr zu „pervertieren”, und es ihm darauf ankommt, hierdurch in die Sicherheit des Straßenverkehrs einzugreifen. Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr erfordert zudem, dass durch den tatbestandsmäßigen Eingriff Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet werden. Bei Vorgängen im fließenden Verkehr muss zu einem bewusst zweckwidrigen Einsatz des Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Absicht ferner hinzukommen, dass das Fahrzeug mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz missbraucht wurde (BGH, Beschl. v. 6.6.2023 – 4 StR 70/23, NStZ 2024, 234). Ein sog „verkehrsfeindlicher Inneneingriff” kann auch durch einen Mitfahrer eines Kfz in Mittäterschaft begangen werden (BGH, Beschl. v. 15.8.2023 – 4 StR 227/93, StraFo 2024, 160 = VRR 2/2024, 18 = StRR 4/2024. 24 [jew. Burhoff]).
3. Beteiligung an Autorennen (§ 315d StGB)
Die wesentlichen Streitfragen zu dem im Jahr 2017 eingeführten Straftatbestand sind geklärt. Von daher hat sich die Anzahl veröffentlichter Entscheidungen erneut stark verringert. Vor dem Hintergrund einer tatsächlich sehr kurzen gefahrenen Strecke ist allein die Absicht des Angeklagten maßgeblich, die nach seinen Vorstellungen unter den konkreten situativen Gegebenheiten (Motorisierung, Verkehrslage, Streckenverlauf, Witterungs- und Sichtverhältnisse) maximal mögliche Geschwindigkeit auf einer nicht ganz unerheblichen Wegstrecke zu erreichen (KG, DAR 2024, 345 m. Anm. Kroll). Ein bedingter Gefährdungsvorsatz i.S.d. § 315d Abs. 2 StGB liegt vor, wenn der Täter über die allgemeine Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugrennens hinaus auch die Umstände kennt, die den in Rede stehenden Gefahrerfolg im Sinne eines Beinaheunfalls als naheliegende Möglichkeit erscheinen lassen, und er sich mit dem Eintritt einer solchen Gefahrenlage zumindest abfindet. In den Fällen des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB reicht es i.d.R. aus, dass sich der Täter aufgrund seiner Fahrweise und der gegebenen Verhältnisse eine kritische Verkehrssituation vorstellt, die in ihren wesentlichen gefahrbegründenden Umständen (z.B. Nichteinhaltenkönnen der rechten Spur in anstehenden Kurven bei Gegenverkehr, Querverkehr an Kreuzungen, haltende Fahrzeug etc.) dem tatsächlich eingetretenen Beinaheunfall entspricht (BGH, NStZ-RR 2024, 186; zur strafbaren Verabredung zu verbotenen Kfz-Rennen Mitsch, NZV 2024, 373).
4. Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69, 69a StGB, § 111a StPO)
Voraussetzung (auch) für die Anordnung einer isolierten Sperre für die Fahrerlaubniserteilung nach § 69a Abs. 1 S. 3 StGB ist, dass die Tat in Beziehung zur Führung eines Kfz durc...