Im Kant-Jahr 2024 liegt es nahe, auch allen Satirikern diese goldene Regel als vereinfachten Grundtenor des kategorischen Imperativs vor Augen zu führen.
Die von Jan Böhmermann in der TV-Sendung „ZDF Magazin Royale” des Greenwashing mit Bienenpatenschaften bezichtigte Imkerei „My Honey” setzt sich zur Wehr – mit der Bewerbung ihres Bio-Honigs als „Beewashing Honey” und dem Bildnis des Satirikers: „Führender Bienen- und Käferexperte empfiehlt”. Der hiergegen gerichtete Unterlassungsantrag Böhmermanns scheitert sowohl vor dem LG Dresden (Urt. v. 8.2.2024 – EV 0 2529/23) als auch dem OLG Dresden (Urt. v. 18.7.2024 – 4 U 323/24).
Der Kläger hat trotz der Verwendung seines Bildes in der Werbung des Beklagten keinen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 2 analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, weil dadurch nicht in rechtswidriger Weise in sein Persönlichkeitsrecht in der Ausprägung des Rechts am eigenen Bild eingegriffen worden ist. Zwar dürfen nach § 22 S. 1 KUG Bildnisse einer Person grds. nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden. Eine Bildveröffentlichung ohne Einwilligung stellt einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar, weil die Entscheidung ob und wie ein Bild (auch) für Werbezwecke verwendet wird, wesentlicher Bestandteil des Persönlichkeitsrechts ist (BGH, Urt. v. 11.3.2009 – I ZR 8/07 Rn 26 – Wer wird Millionär). Ohne Einwilligung dürfen nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nur Bildnisse von Personen aus dem Bereich der Zeitgeschichte verwendet werden. Ob eine solche Person in Rede steht, bedarf einer Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) einerseits und des Verwenders (aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK) andererseits (BGH, Urt. v. 6.2.2018 – VI ZR 76/17 Rn 10 – Christian Wulff beim Supermarkteinkauf).
Eine journalistische Berichterstattung – zum „Beewashing” – kann selbst zu einem Ereignis der Zeitgeschichte werden, wenn der Abgebildete zuvor (publikumswirksam) die Aufmerksamkeit in einer solchen Weise auf einen Gegenstand gerichtet hat, dass er selbst gleichsam zum „Gesicht des Themas” geworden ist. Ein Veröffentlichungsinteresse an der Verbreitung des Bildnisses eines prominenten Fernsehmoderators zu Werbezwecken besteht auch für den Fall, dass die Werbeaktion satirisch-kritisch dessen journalistisches Wirken auf die Schippe nimmt. Die gebotene Abwägung der widerstreitenden Interessen führt dann zur Zulässigkeit der Verwendung des Bildnisses, wenn der nunmehr Angegriffene zuvor in seiner Berichterstattung selbst ein Bildnis des jetzt beklagten Imkers veröffentlicht hat: Dann ist dem Angegriffenen ein „Recht zum Gegenschlag” zuzubilligen. Denn merke: Was du nicht willst, das füg (zuvor) auch keinem anderen zu.
In Bezug auf die Namensnennung erfolgt zwar gleichermaßen ein Eingriff in das Namensrecht (§ 12 BGB bzw. Persönlichkeitsrecht) des Journalisten, da dieser allein das Recht hat, darüber zu bestimmen, ob sein Name zu Werbezwecken verwendet werden darf (BGH, Urt. v. 18.3.1959 – IV ZR 182/58 – Caterina Valente) – eine Befugnis, die, soweit sie dem Schutz kommerzieller Interessen des Namensträgers dient, vermögenswerter Bestandteil des Persönlichkeitsrechts ist (BGH, Urt. v. 1.12.1999 – I ZR 49/97 – Marlene Dietrich). Im Rahmen der auch hier wiederum gebotenen Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen – Namensschutz versus Meinungsäußerungsfreiheit im Rahmen der Werbung – gebührt Art. 5 Abs. 1 GG der Vorrang.
Das OLG Dresden stellt klar, dass der Begriff der „Zeitgeschichte” nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung erfasst, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse und damit vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her zu bestimmen ist (zur Vertiefung: BGH, Urt. v. 26.10.2006 – I ZR 182/04 – Zulässigkeit einer Sixt-Werbung mit Lafontaine-Bild im Hinblick auf eine satirische Auseinandersetzung mit einem aktuellen Tagesereignis).
Die Moral von der Geschichte: Wer austeilt, muss auch einstecken können. Humor und Satire sind keine Einbahnstraße. Also überleg dir gut: „Was du nicht willst, ...”
ZAP F., S. 945–946
Prof. Dr. Gerhard Ring, Bernau bei Berlin