Abschließend sei ein Blick auf die Fälle geworfen, in denen keine treuhänderisch "blockbare" Summe vom Mandanten oder Dritten vorhanden ist, die der Honorarsicherung dienen kann – oder eine Mischform zwischen diesem Gedanken und dem "reinen" Erfolgshonorar gesucht werden soll. Dies führt dazu, die denkbaren Umrisse einer ausgewogenen Vertragsgestaltung zu skizzieren. Insofern sind die inhaltlichen Hürden weiterhin relativ hoch. Daher sollte eine klare vertragliche Regelung getroffen werden.
Im Einzelnen: Die Anforderungen des nach der Grundsatzentscheidung des BVerfG (Beschl. v. 12.12.2006 – 1 BvR 2576/04) in besonders gelagerten und eng definierten Ausnahmefällen möglichen Erfolgshonorars sind in § 4a RVG aufgegriffen. Zulässig ist eine solche Vereinbarung im Einzelfall dann, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. Wird eine Erfolgshonorarvereinbarung nach dieser Maßgabe getroffen, so sind strenge inhaltliche Anforderungen zu beachten. Jedenfalls sollte zunächst die Interessenlage, welche die Erfolgsvergütung ermöglicht, im Sinne einer Präambel und Vorbemerkung möglichst ausführlich und erschöpfend festgehalten werden; dies beispielsweise durch die Formulierung:
Zitat
"Bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Erfolgshonorars nach § 4a Abs. 1 S. 1 und S. 2 RVG gehen die Parteien im vorliegenden Fall von folgenden Umständen aus: Der Rechtsanwalt wird nur im Einzelfall auf Erfolgshonorarbasis tätig. Für den Auftraggeber handelt es sich wegen (...) ebenfalls um einen Einzelfall."
Der "Erfolg" sollte möglichst klar formuliert sein – beispielhaft mit folgender Formulierung:
Zitat
"Unter Erfolg verstehen die Parteien die Durchsetzung eines der auftragsgemäß geltend gemachten Rechte. Sollte keinem der geltend gemachten Rechte zur Durchsetzung verholfen worden sein, so gehen die Parteien von einem Misserfolg aus."
Dies bedarf der Präzisierung in den Fällen, in denen teilbare, quantifizierbare oder unterschiedliche Rechte durchgesetzt werden sollen. Insofern ist es an den Parteien, ganz genau zu regeln, welcher Erfolg zu welcher Vergütung führt – ggf. nach Quoten und nach Teilen des Auftragsgegenstandes. Im Lichte der jüngsten Rechtsprechung spielt hier auch der notwendige Hinweis auf die gesetzlichen Gebühren eine besonders wichtige Rolle: Nach BGH (Beschl. v. 25.9.2014 – 4 StR 586/13, ZAP EN-Nr. 934/2014; s.a. Singer ZAP F. 24, S. 1405) ist zur Vermeidung von Strafbarkeitsrisiken der Hinweis auf die gesetzliche Gebühr unausweichlich – der auch ggf. differenziert nach Auftragsteilen erfolgen sollte.
Beispiel:
Neben einem Wiederaufnahmeverfahren wird noch ein Verfahren vor dem EGMR geführt und zugleich im Staatshaftungsweg oder nach § 23 EGGVG vorgegangen.
§ 4 Abs. 2 S. 6 BORA ermöglicht auch hier das Hinausschieben der Abrechnung und die Verteilung erstrittener Beträge am Ende des Mandats – was für den Fall bedacht werden muss und sinnvoll ist, dass etwa im Verfahrensverlauf Rechte teilweise schon durchgesetzt und Liquidationsbeträge erwirkt werden können. In Betracht kommt beispielweise die Formulierung:
Zitat
"Zur Sicherung des Gebührenanspruchs und mit Blick auf § 9 RVG gewährt der Auftraggeber dem Rechtsanwalt ein umfassendes Zurückbehaltungsrecht an etwaigen Erstattungsansprüchen aus anderen Rechtsverhältnissen; es mag nach § 4 Abs. 2 S. 6 BORA umfassend beim Ende des Mandats aufgerechnet werden. Im Falle des Misserfolgs schuldet der Auftraggeber lediglich die Hälfte der gesetzlichen Gebühren."
§ 4a Abs. 1 S. 2 RVG eröffnet die Möglichkeit der Vereinbarung eines "angemessenen Zuschlags" im Erfolgsfall, wobei diese Angemessenheitsvorschrift den Zuschlag nicht nach oben beschränkt, sondern nach unten (Mayer/Kroiß/Teubel, RVG, § 4a Rn. 40). Der Angelpunkt ist die Bestimmung der Angemessenheit des Zuschlags im Einzelfall, wozu die Literatur z.T. als Maßstab den Umfang der Herabsetzung im Misserfolgsfall einerseits und die Erfolgsaussichten andererseits heranzieht (Mayer/Kroiß/Teubel, RVG, § 4a Rn. 42.) – wobei es allein sachgerecht sein kann, den Parteien ein sehr weitgehendes Ermessen einzuräumen (so auch Mayer/Kroiß/Teubel, RVG, § 4a Rn. 43).
Insofern ist es ratsam, auch die Erwartungen der Parteien an den Erfolg ex ante in einer Art Erklärung oder Präambel festzuhalten, um späteren Streit zu vermeiden oder jedenfalls die Auslegung zu erleichtern. Dies sollte somit so genau wie möglich geregelt werden, und auch das Ende des Mandats oder Mandatsteils (die Beendigung einer Instanz, eines Rechtsstreits bis zur Rechtskraft, ein Teil des Mandatskomplexes oder der gesamte Umfang der Beauftragung?) sollte genau definiert werden.
Hinweis:
Gerade im Bereich der Wiederaufnahme sieht sich der Anwalt nämlich häufig mit einem Konglomerat unterschiedlicher Mandatsaufträge verschiedener Ausdehnungen und Inhalte konfrontiert, wenn auch noch Haftentschädigungen reklamiert, gleichlaufende Verfahren v...