Vier Jahre lang hat die Unabhängige Wissenschaftliche Kommission beim Bundesministerium der Justiz zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit (UMK) untersucht, wie das Bundesjustizministerium in den fünfziger und sechziger Jahren mit der NS-Vergangenheit umgegangen ist. Die Ergebnisse seien "bedrückend", so Bundesjustizminister Maas bei der Vorstellung des Berichts Mitte Oktober.
Im Januar 2012 hatte die UWK ihren Arbeitsauftrag erhalten. Ein Team von Historikern und Juristen untersuchte unter der Leitung des Historikers Prof. Manfred Görtemaker und des Juristen Prof. Christoph Safferling seitdem den Umgang des Ministeriums mit der Nazi-Vergangenheit, die personellen und sachlichen Kontinuitäten, die Verfolgung von Verbrechen im Zusammenhang mit dem Holocaust sowie Fragen von Amnestie und Verjährung. Der Abschlussbericht ist nun unter dem Titel "Die Akte Rosenburg" erschienen.
"Die Akte Rosenburg ist bedrückend", betonte Heiko Maas bei der Vorstellung des Berichts. "Sie zeigt die großen Versäumnisse der Vergangenheit, und sie formuliert damit zugleich eine Verpflichtung für die Gegenwart." Die Untersuchung mache eine hohe personelle Kontinuität zwischen der Nazi-Justiz und dem Justizministerium der jungen Bundesrepublik deutlich, so Maas weiter. Mehr als die Hälfte aller Führungskräfte waren ehemalige NSDAP-Mitarbeiter, jeder fünfte war Mitglied der SA, viele stammten aus dem Reichsministerium.
Das Rosenburg-Projekt habe aber mehr geleistet als nur "Nazis zu zählen", wie das Kritiker despektierlich nennen, erklärte Maas. Der Bericht zeige auch die fatalen Folgen der personellen Kontinuität: Viele Gesetze, beispielsweise im Jugendstrafrecht, wurden nur sehr oberflächlich entnazifiziert und auch die Diskriminierung einstiger Opfer wie Homosexuelle oder Sinti und Roma wurde fortgesetzt.
Mit Blick auf die Ergebnisse und die Konsequenzen, die das Ministerium und die Justiz daraus ziehen sollten, ist man sich im Ministerium einig: Der Blick in die Geschichte zeige, wie wichtig es sei, dass Juristen die Werte des Grundgesetzes lebten und verteidigten – die Würde des Menschen, die individuelle Freiheit und die gesellschaftliche Vielfalt. Das Unrecht, das deutsche Juristen im 20. Jahrhundert angerichtet hätten, solle daher Pflichtstoff der Juristenausbildung werden. Darüber hinaus werde im Bundesjustizministerium ein neues Fortbildungsprogramm initiiert. "Wir wollen die Ergebnisse der ‚Akte Rosenburg‘ in die Fläche tragen", so der Minister.
[Quelle: BMJV]