Der BGH hat bereits im Jahr 1976 entschieden, dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch im Regelfall bereits mit der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostengrundentscheidung fällig werde und nicht erst mit dem Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses (BGH MDR 1976, 475 = WM 1976, 460). Dies hat der BGH im Jahr 2013 bestätigt (BGH AGS 2014, 148 = NJW 2013, 2975 = JurBüro 2013, 656). Der Große Senat des BFH hat durch Beschluss (v. 18.7.1967 – BFHE 90, 156 = BStBl II, 1968, 59) entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nach der FGO bereits mit dem Erlass der gerichtlichen Kostenentscheidung nach §§ 143, 144 FGO entstehe, da diese Entscheidung für die Beteiligten verbindlich festlege, wer die Kosten des betreffenden Verfahrens zu tragen habe bzw. in welchem Verhältnis die Kosten auf die Beteiligten verteilt würden. Diese Kostenentscheidung sei bereits mit dem Zeitpunkt ihres Erlasses und nicht erst mit dem Eintritt der Rechtskraft wirksam. Allerdings sei der Erstattungsanspruch bis zum Eintritt der Rechtskraft auflösend bedingt, da die Möglichkeit bestehe, dass die Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werde.

Dies hat hier im Fall des BFH zur Folge, dass gegen den Kostenerstattungsanspruch schon nach Erlass der Kostengrundentscheidung wirksam aufgerechnet werden kann (s. OLG Brandenburg NJ 2006, 509). Dies kann allerdings in der Praxis dann problematisch sein, wenn die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung nicht feststeht. Dies gilt insbesondere dann, wenn wegen einer Kostenquotelung zwischen den Parteien ein Kostenausgleich stattzufinden hat. Nach Auffassung des OLG München (AGS 2000, 181 = JurBüro 2000, 478) wird die Aufrechnung in einem solchen Fall zulässig, sobald die Parteien die gegenseitigen Kostenfestsetzungsanträge eingereicht haben. Keinesfalls muss somit die Aufrechnungserklärung bis zum Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses zurückgestellt werden. Im Gegenteil birgt dies die Gefahr, dass ein anderer Gläubiger bereits zuvor die Aufrechnung erklärt.

Damit war im Fall des BFH die – rund zwei Wochen vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses erklärte – Aufrechnungserklärung des Finanzamts vom 16.5.2013 wirksam. Die weitere Aufrechnungserklärung des Finanzamts vom 20.6.2013 betreffend den Zinsanspruch aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss war ohnehin zeitlich nach Erlass dieses Beschlusses erklärt worden. Die erst am 26.7.2013 vom Antragsgegner seinerseits erklärte Aufrechnung mit der abgetretenen Kostenerstattungsforderung der GmbH ging damit ins Leere.

 

Praxishinweis:

Der Prozessbevollmächtigte der erstattungspflichtigen Partei sollte deshalb mit seinem Mandanten schon während des Rechtsstreits erörtern, ob diesem aus anderen Rechtsverhältnissen ein Gegenanspruch gegen die Gegenpartei zusteht. Ist dies der Fall, sollte der Rechtsanwalt umgehend nach Erlass der Kostengrundentscheidung mit diesem Anspruch gegen den prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Gegners aufrechnen. Ist die Gegenforderung des Mandanten ersichtlich höher als der noch nicht bezifferte Kostenerstattungsanspruch des Gegners, sollte wegen des Grundsatzes der Bestimmtheit der Aufrechnung unbedingt mit einem erststelligen Teilbetrag des Gegenanspruchs gegen den zu beziffernden Erstattungsanspruch des Gegners die Aufrechnung erklärt werden. Wird diese Aufrechnung somit zum frühestmöglichen Zeitpunkt erklärt, begegnet man damit der Gefahr, dass ein anderer Gläubiger dem Mandanten mit einer eigenen Aufrechnungserklärung zuvorkommt.

Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin

ZAP F. 24, S. 1195–1204

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