1. Abstimmungsgespräch zum äußeren Ablauf der Hauptverhandlung
§ 213 StPO legt die Terminbestimmung für die Hauptverhandlung in das Ermessen des Vorsitzenden (vgl. zur Terminanberaumung eingehend Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 7. Aufl. 2015, Rn 3614 m.w.N. aus der Rspr. [im Folgenden kurz: Burhoff, EV]; ders., HV, Rn 2646 ff.; u.a. BGH NJW 2008, 2451; NStZ 2009, 650; NStZ-RR 2010, 312). Um die Terminierung und die damit einhergehende Strukturierung der kommenden Hauptverhandlung herrscht in der Praxis häufig Streit. Durch eine Erweiterung des § 213 StPO soll dem begegnet werden. In § 213 Abs. 2 StPO n.F. ist jetzt eine Regelung enthalten, die die Durchführung von Abstimmungen zum äußeren Ablauf besonders umfangreicher erstinstanzlicher Hauptverhandlungen mit voraussichtlich mehr als zehn Verhandlungstagen fördern soll (BT-Drucks 18/11277, S. 32; wegen der Einzelheiten Burhoff, StPO 2017, Rn 206 ff.).
Bei § 213 Abs. 2 StPO handelt es sich um eine Sollvorschrift. Das bedeutet, dass die Abstimmungen in umfangreichen Verfahren vor dem LG oder OLG mit voraussichtlich mehr als zehn Verhandlungstagen grundsätzlich vorzunehmen sind. Ein Abstimmungsgespräch findet nach der ausdrücklichen Regelung in § 213 Abs. 2 StPO ("erstinstanzlichen") nicht im Berufungsverfahren statt.
Inhaltlich sind die Gespräche nach § 213 Abs. 2 StPO auf den äußeren Ablauf der Hauptverhandlung beschränkt (vgl. BT-Drucks 18/11277, S. 33). Es geht also um die Frage der Strukturierung der Hauptverhandlung, also z.B. darum, wann ggf. welche Zeugen vernommen, wann Urkunden verlesen werden sollen (ggf. vor oder nach dem "Zeugenprogramm"?), wann im Verfahren tätige Sachverständige gehört werden und/oder auch, wann ggf. eine sitzungsfreie Zeit eingeplant wird, um Urlaube zu ermöglichen. Die Gespräche dienen nicht dem Inhalt der Hauptverhandlung, also z.B. nicht der Frage, ob Verfahrensteile nach den §§ 153 ff. StPO eingestellt werden, ob bestimmte Beweisanträge gestellt werden oder nicht, und erst Recht nicht der Vorbereitung einer Verständigung i.S.d. § 257c StPO (vgl. zur Abgrenzung Burhoff, HV, Rn 1876 m.w.N. aus der Rspr.).
2. Urkundsbeweis: Verlesung von Protokollen
Änderungen im Überblick:
- Norm: § 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO
- Regelungsgehalt: Erweiterung der Verlesungsmöglichkeiten
- Verteidigerstrategie: nur, wenn der Angeklagte keinen Verteidiger hat
§ 251 Abs. 1 StPO regelt die Zulässigkeit der Verlesung von Protokollen von Vernehmungen, und zwar nichtrichterliche und richterliche, und von Urkunden, die eine von der Auskunftsperson stammende schriftliche Erklärung enthalten (vgl. dazu eingehend Burhoff, HV, Rn 3026 ff.). Voraussetzung ist nach § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO unter anderem, dass, wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat, dieser, der Staatsanwalt und der Angeklagte einverstanden sind (vgl. Burhoff, HV, Rn 3029 m.w.N.). Diese Verlesungsmöglichkeit ist in § 251 Abs. 1 StPO durch eine neue Nr. 2 erweitert worden. Die früheren § 251 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StPO a.F. befinden sich demgemäß nun in § 251 Abs. 1 Nr. 3 und 4 StPO.
Nach der neuen § 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO n.F. können die oben angeführten Urkunden nun auch verlesen werden, wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen (wegen der Einzelheiten Burhoff, StPO 2017, Rn 256 ff.).
3. Vorführung einer Bild-Ton-Aufnahme
Änderungen im Überblick:
- Norm: § 254 StPO
- Sachlicher Anwendungsbereich: Bild-Ton-Aufzeichnungen von Vernehmungen des Angeklagten
- Verteidigerstrategie: bei Beweisverwertungsverbot ggf. Widerspruch
Bislang war die Vorführung von sog. Bild-Ton-Aufzeichnungen von Vernehmungen in der Hauptverhandlung nur nach § 255a StPO zulässig (vgl. dazu Burhoff, HV, Rn 3396). Nachdem nun in § 136 Abs. 4 StPO unter den dort genannten Voraussetzungen demnächst im Ermittlungsverfahren die Vernehmung des Beschuldigten audiovisuell aufgezeichnet werden kann (hierzu s. Burhoff ZAP F. 22, S. 894 f.), ist § 254 Abs. 1 StPO (klarstellend) erweitert worden: Es ist nun ausdrücklich geregelt, dass solche Aufzeichnungen im Rahmen des § 254 Abs. 1 StPO unter denselben Voraussetzungen in die Hauptverhandlung eingeführt werden können wie ein schriftliches Protokoll der richterlichen Beschuldigtenvernehmung. Hintergrund ist, dass solchen Aufzeichnungen i.d.R. ein höherer Beweiswert zugemessen wird als einem (bloß) schriftlichen Protokoll (vgl. BT-Drucks 18/11277, S. 36). Die Erweiterung gilt auch für § 254 Abs. 2 StPO. Erlaubt ist also auch eine Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung, wenn ein in der Vernehmung des Angeklagten hervortretender Widerspruch mit der früheren Aussage nicht auf andere Weise ohne Unterbrechung der Hauptverhandlung festgestellt werden kann (vgl. dazu Burhoff, HV, Rn 2147).
Hinweis:
Steht nach Auffassung des Verteidigers der Vorführung ein Beweisverwertungsverbot entgegen, ...