1. Grundlagen
Das Sozialhilferecht ist im SGB XII geregelt (Vorläufer bis 2005 das BSHG). Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht (§ 1 S. 1 SGB XII). Gewährleistet wird ein soziokulturelles Existenzminimum als menschenwürdiges Existenzminimum nach Art. 1 Abs. 1 GG. Es ist Ausfluss des Sozialstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 1 GG.
Literaturhinweis:
Zum Begriff der sozialen Gerechtigkeit s. auch die lesenswerte Kolumne "Was ist sozial gerecht?" von Louven (ZAP Nr. 18/2017, S. 941 f.).
Grundprinzip der Sozialhilfe ist deren Nachrangigkeit. Sozialhilfe erhält nur, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens nicht selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 2 Abs. 1 SGB XII).
Während unter der Geltung des BSHG die Verwaltungsgerichtsbarkeit für sozialhilferechtliche Streitigkeiten funktionell zuständig war, ist dies nunmehr die Sozialgerichtsbarkeit (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG).
2. Berechtigte
Die Leistungsberechtigung ist u.a. in § 19 SGB XII geregelt. Grundsätzlich ist die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers Anspruchsvoraussetzung. Unterschieden werden nach dieser Vorschrift Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen.
Die Einkommens- und Vermögensanrechnung bei der Ermittlung der individuellen Hilfebedürftigkeit ist Gegenstand zahlreicher Klageverfahren. Die Anrechnung ist in den §§ 82 ff. SGB XII und der dazugehörigen Durchführungsverordnung geregelt. Einkommen und Vermögen werden verschieden hoch angerechnet, je nach Sozialhilfeleistung und persönlicher Situation des Hilfesuchenden.
Hinweis:
Insbesondere die Nutzung eigener Immobilien zu Wohnzwecken wirft zahlreiche Fragen zur Angemessenheit des Wohnraums auf (vgl. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII).
Durch das SGB II wurden die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe für Arbeitsuchende zusammengefasst. Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II schließt Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt) aus (§ 5 Abs. 2 S. 1 SGB II). Der Anspruch des Arbeitsuchenden auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ist somit vorrangig (vgl. auch § 21 S. 1 SGB XII).
EU-Ausländern, die nicht bereits in Deutschland arbeiten oder gearbeitet haben, stehen in den ersten fünf Jahren keine Sozialleistungen zu. Mit den Neuregelungen wird klargestellt, dass Ausländer aus anderen EU-Staaten, die kein Aufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsgesetz der EU haben, generell von der Grundsicherung (Arbeitslosengeld II) und der Sozialhilfe ausgeschlossen sind. Das Gleiche gilt für alle, die ihr Aufenthaltsrecht verloren haben.
3. Leistungen
Das SGB XII unterscheidet zwei verschiedene Gruppen von Leistungen. Dabei handelt es sich einerseits um die Hilfe zum Lebensunterhalt und andererseits um die Hilfe in besonderen Lebenslagen.
a) Hilfe zum Lebensunterhalt
Hilfe zum Lebensunterhalt ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können (§ 27 Abs. 1 SGB XII). Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung.
Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch (vgl. § 27a Abs. 1 SGB XII). Der gesamte notwendige Lebensunterhalt ergibt den monatlichen Regelbedarf. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt, die bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede und bei erwachsenen Personen deren Anzahl im Haushalt sowie die Führung eines Haushalts berücksichtigen. Die Regelbedarfe werden nach §§ 28 ff. SGB XII und dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) ermittelt und fortgeschrieben. Zum Jahresbeginn 2018 sollen die Regelsätze für die Sozialhilfe, die Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angehoben werden (s. ZAP Anwaltsmagazin 21/2018, S. 1102).
Hinweis:
Das sog. Lohnabstandsgebot (§ 28 Abs. 4 SGB XIII a.F.) existiert seit 2011 nicht mehr. Mit diesem Gebot sollte verhindert werden, dass der aus Steuermitteln finanzierte Regelbedarf der Sozialhilfe zu einem höheren verfügbaren Einkommen führt als der Einsatz der eigenen Arbeitskraf...